75. Geburtstag DDDr.cer. Brutus und
Goldene Hochzeit von Elektra und Brutus
Hohe Corona!
Liebe Elektra, lieber Dr. Brutus!
Liebe Kartell- und Bundesbrüder, geschätzte Damen!
Mir kommt die Ehre zu, aus Anlass des 75. Geburtstages unseres lieben Dr.cer. Brutus und anlässlich der Goldenen Hochzeit, die er mit seiner lieben Gattin Elektra feiert, zu sprechen.
Es ist ein gewisses Risiko, mir diese Laudatio zu übertragen. Aber der hohe Philistersenior wollte es so und Autoritäten muss man respektieren.
Ich mag nämlich Laudationes so gar nicht, v.a. dann nicht, wenn sie gewissermaßen im Kreißsaal beginnen und über Kindergarten, Schule, Studium, Familie, Beruf, Verantwortung im öffentlichen Leben usw. bis in die Gegenwart führen und so einem feierlichen Höhepunkt zusteuern, um allgemeine Ergriffenheit, Anerkennung und Begeisterung auszulösen. Natürlich dürfen dabei meist nur die erfreulichen Ereignisse und Erlebnisse, Verdienste und Leistungen im Mittelpunkt stehen.
Heute müsste man dann gerade auf einer festlichen Kneipe natürlich auch auf die Wege eingehen, die Elektra und Brutus in ihren Verbindungen zurück gelegt haben, mit der Rezeption oder der Bandverleihung beginnen, all die jahrzehntelangen Bemühungen und Verdienste für ihr Wachsen, Blühen und Gedeihen würdigen und selbstverständlich auch die verdienten Ehrungen bis zum dreifachen Doctor cerevisiae penibel aufzählen. Und trotzdem würde man riskieren, im Urteil der Betroffenen und der Zuhörer dann doch Wichtiges vergessen zu haben.
Das will ich nicht. Ich will das mir und allen Anwesenden ersparen. Und Euch beiden muss man es nicht erzählen, Ihr habt es ja erlebt.
Ich glaube, es bedarf auch keiner langen Laudatio. Ich denke, die meisten, die heute hier sind, kennen Euch so gut, dass sie dessen nicht bedürfen und wissen, was sie an Euch haben und was ihr geleistet habt, v.a. in der Familie und in Euren Korporationen, mit dem lebenslangen Bekenntnis zu unseren Prinzipien religio, patria, scientia und amicitia und allem, was daraus folgt.
Ich muss allerdings zugeben, dass es schon verlockend gewesen wäre, zumindest die Motive zu erhellen, die zu den Couleurnamen Elektra und Brutus geführt haben, gehören doch beide, weder bei Sophokles noch bei Shakespeare, zu den Sympathieträgern der Weltliteratur.
Natürlich kann man die Feier eines 75. Geburtstags und einer Goldenen Hochzeit nun auch wieder nicht so ohne Weiteres vorbeigehen lassen.
So nehme ich Anleihe bei einigen sehr gescheiten Menschen, die über die Ehe, die Familie, das Alter oder das älter werden nachdacht haben und die man beispielhaft und beispielgebend zitieren kann.
Man kann das jedenfalls gefahrlos tun, denn man muss sich ja mit diesen Gedanken, Überlegungen und Schlussfolgerungen nicht immer identifizieren. Man kann sich jene aussuchen, die einem zusagen.
Der deutsche Religionsphilosophen Fritz Leist schreibt:
'Die Ehe ist ein Kunstwerk der Liebe,
Werk des Könnens, an dem beide bauen,
ändern, korrigieren und neu gestalten -
ein ganzes Leben hindurch!'
Ich denke, Ihr habt es bewiesen!
Von dem deutschen Philosophen Carl Peter Fröhling stammt das kleine Gedicht:
'Familie -
kostbarstes Kleinod
auf dieser Erde,
rettender, schützender
Hafen auch.
Im Glück
wirst du in ihr
geborgen sein,
im Unglück
bist du nicht allein.
Familie zieht
den schützenden Kreis.
Wohl dem,
der sich in ihr
geborgen weiß.'
Ich denke, Ihr habt es erfahren!
Es ist eine Gnade, wenn man im Auf und Ab, das uns das Leben beschert und das keinem erspart bleibt, von sich sagen kann, doch 50 glückliche und erfüllte Jahre zusammen erlebt zu haben. Dafür muss man dankbar sein und alle, auch Außenstehende, die einen Teil des Weges und des Lebens mitgegangen sind, dürfen sich mit darüber freuen.
Da gibt es ein Sprichwort, das die runden Geburtstage im Leben eines Menschen jeweils einem Tier zuordnet:
Es beginnt mit
'10 Jahr ein Kitz', und setzt sich fort mit
'20 Jahr ein Kalb,
30 Jahr ein Stier,
40 Jahr ein Löwe',
bis es dann heißt:
'50 Jahr ein Fuchs'.
Für eine Rezeption wäre das schon etwas spät. Man muss das anders sehen: Wenn man 50 Jahre gemeinsam erleben durfte, muss man wohl auch klug, vielleicht auch schlau gewesen sein, was man ja einem Fuchs zuschreibt.
Weiter steht in der Jahresskala:
'60 Jahr ein Wolf.'
Das sich Eure Ehe im kommenden Jahrzehnt symbolisch vom Fuchs zum Wolf entwickeln könnte, glaube ich nicht.
Es folgt in der Jahresskala
'70 Jahr eine Katze und
80 Jahr ein Hund.'
Lieber Brutus, Du befindest Dich also in einem Zwischenstadium zwischen Hund und Katz. Ich versuche keine nähere Interpretation!
Ausgesprochen kränkend finde ich aber, sollte man es überhaupt erleben, wenn es dann heißt:
'90 Jahr ein Esel,
100 Jahr eine Gans!'
Weitere Attribute, die man all diesen Tieren auch zuordnen könnte, verschweigt das Sprichwort.
Aber es gibt schon einige Aussagen, die mehr Gehalt haben:
'Ein Mann kommt in die besten Jahre, wenn die guten vorüber sind.' Warum das nur für die Männer gelten soll, weiß ich nicht.
Da findet man auch den Satz:
'Die Körperkraft kann nicht zunehmen über eine gewisse Mittagshöhe des Lebens hinaus, die geistige Kraft aber kann es unbeschränkt. Das ist der wahre Trost des Alternden.'
Diese geistige Kraft und damit dieser Trost mögen Euch in reichem Ausmaß gegeben sein!
Oder:
'Welche Freude, wenn es heißt: Alter, du bist alt an Haaren, blühend aber ist dein Geist.'
Das sagt immerhin der Dichter Gotthold Ephraim Lessing.
Das mit den Haaren mag zunehmend etwas schwierig werden, aber es bleibt ja der Geist! Und es gibt ja auch die Feststellung:
'Was die Zeit dem Menschen an Haar entzieht, ersetzt sie ihm an Witz.'
Hoffentlich! Es kann ja nicht schaden, wenn zum Geist auch der Witz kommt!
Aber da William Shakespeare diesen Satz in seiner 'Komödie der Irrungen' zitiert, wäre ich vorsichtig!
Etwas drastisch, aber nicht so abwegig kommt mir die Einschätzung eines unbekannten Autors vor, der offenbar wusste, wovon er spricht:
'Der Vorteil des Alters liegt darin, dass man die Dinge nicht mehr begehrt, die man sich aus Geldmangel früher nicht leisten konnte.'
Wie weit Ihr damit seid, müssen wir heute nicht diskutieren!
Oder Martin Luther:
'Wer im zwanzigsten Jahr nicht schön, im dreißigsten nicht stark, im vierzigsten nicht klug, im fünfzigsten nicht reich ist, der darf danach nicht hoffen.'
Dazu möchte ich nichts sagen. Ich denke, in Hoffnungslosigkeit müsst ihr nicht versinken.
Dann gilt schon eher:
'Alter schützt vor Torheit nicht: Mit diesem Wort macht man sich über das Alter lustig und bedenkt nicht, dass gerade die Fähigkeit, noch Torheiten begehen zu können, ein Trost und eine Quelle des Glücks für die Alten ist.'
Also auf zu den Torheiten! Aber entscheidend ist doch:
'Alt ist man dann, wenn man an der Vergangenheit mehr Freude hat als an der Zukunft.'
Und für diese Zukunft wünsche ich Euch viel Freude, Glück und Gottes Segen!
Unsere Verbindungen sind ein Teil unseres Lebens, auch Eures Lebens. Da weiß ich Euch ein kleines Gedicht von Joseph Viktor von Scheffel, dessen Lieder wir gerne singen. Ich meine da jetzt nicht den Beginn des wehmütigen Liedes des 'Trompeters von Säckingen', auch wenn es manchmal stimmen mag:
'Das ist im Leben hässlich eingerichtet, dass bei den Rosen gleich die Dornen steh’n'.
Von Scheffel stammen auch die Verse, die wir uns alle ins Stammbuch schreiben können:
'Nicht rasten und nicht rosten,
Weisheit und Schönheit kosten,
Durst löschen, wo er brennt;
Die Sorgen versingen mit Scherzen.
Wer’s kann, der bleibt im Herzen
Zeitlebens ein Student!'
Und noch Eines: Wünsche und Bitten, wie sie ein irisches Gebet zum Ausdruck bringt, mögen Euch begleiten, und da möchte ich auch alle, die heute anwesend sind, mit einschließen:
Nehmt Euch Zeit, denn es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nützen.
Nehmt Euch Zeit, um zu arbeiten, es ist der Preis des Erfolges.
Nehmt Euch Zeit, um nachzudenken, es ist die Quelle der Kraft.
Nehmt Euch Zeit, um zu spielen, es ist das Geheimnis der Jugend.
Nehmt Euch Zeit, um zu lesen, es ist die Grundlage des Wissens.
Nehmt Euch Zeit, um zu träumen, es bringt Euch den Sternen näher
Nehmt Euch Zeit, um zu lieben, es ist die wahre Lebensfreude.
Nehmt Euch Zeit, um froh zu sein, es ist die Musik der Seele.
Nehmt Euch Zeit, um freundlich zu sein, es ist der Weg zum Glück.
Nehmt Euch Zeit zur Andacht, sie wäscht den irdenen Staub von den Augen.
Und Eure Bundesbrüder und Bundesschwestern können aus reinem Egoismus dem noch anfügen:
Nehmt Euch Zeit für Eure Verbindungen! Sie können es brauchen!
Das alles wünschen wir!
Ad multos annos!
Dixi!