Nummer 4/2025
KRUZIFIX – noch einmal?!

Diese Worte, welche im Allgemeinen wohl eher in herabwürdigender Weise gebraucht werden, sollen uns hier als Anregung dienen, uns – gerade in der Fastenzeit – wieder einmal mit dem Symbol des Kreuzes und seinem Stellenwert in der heutigen Zeit auseinanderzusetzen.


Karfreitags-Kreuzverehrung aus der Pfarrkirche St. Aegidius in Oberlaa

Betrachtet man die kulturgeschichtliche Entwicklung dieses Symbols, so dominieren Darstellungen mit einem gepeinigten, den Opfertod gestorbenen Korpus Christi. Diese Form war wohl im Vorjahr*) auch für jene seltsamen Äußerungen verantwortlich, welche in der Diskussion über die Abschaffung der Kreuze in den Schulklassen – ausgelöst durch ein entsprechendes Gerichtsurteil aus Bayern – gefallen sind. Unter anderem wurde argumentiert, man könne den Kindern den ständigen Anblick eines gefolterten, toten Körpers nicht zumuten. Dass der Großteil der Schüler(innen) aber in Fernseh-Nachrichten und 'Unterhaltungs-' Sendungen wie 'Kommissar Rex' weit schlimmere Bilder vorgesetzt bekommen, blieb unerwähnt.

Tatsächlich geht es bei der Forderung die Kreuze aus den Schulen zu entfernen auch um etwas ganz anderes: Unter dem Vorwand der Glaubensfreiheit versuchen immer stärker werdende Gruppen von Nicht- und Andersgläubigen, die Bedeutung der christlichen Religionen zu unterwandern. Sie übersehen dabei, dass die grundlegenden Moralvorstellungen, welche die Basis des menschlichen Zusammenlebens in unserer Kultur bilden, noch immer auf den Geboten der Bibel aufgebaut sind.

Auch andere Errungenschaften der Kirche, wie arbeitsfreie Sonn- und Feiertage, werden heutzutage von ihrem religiösen Ursprung losgelöst. Wie die Diskussion um den 8. Dezember im Vorjahr*) gezeigt hat, steht nicht mehr die Möglichkeit des Messbesuchs im Vordergrund, sondern die Frage wie hoch die finanzielle Abgeltung für die Dienstnehmer sein muss, die an diesem Tag arbeiten 'dürfen'.

Am schlimmsten äußert sich die Abkehr von den christlichen Grundwerten aber in der politischen und gesellschaftlichen Stellung der Familie. Nach der Legalisierung von Ehescheidung und Abtreibung sind Forderungen wie die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften ein weiterer Schritt in Richtung Missachtung des Glaubens. Die Folge davon ist unter anderem eine Flut von Gesetzen zur Absicherung und Gleichberechtigung von Ehepartnern, welche für eine funktionierende Ehegemeinschaft im christlichen Sinne völlig überflüssig sind …

Vielleicht finden auch Sie in den kommenden 'Tagen der Besinnung' Zeit ein Kreuz zu betrachten und dabei über die gegenwärtige Entwicklung nachzudenken?

Mutet der obige Text etwas altmodisch an? Kein Wunder! Bis auf die Änderungen der Rechtschreibung wurde er von mir vor fast 30 Jahren wortwörtlich so geschrieben und in der Nr. 1/1996 des Mitteilungsblattes 'NEUE WEGE der Begegnung' der Pfarre 'Königin des Friedens', deren damaliger Pfarrer wld. Bb P. Mag. Edward Daniel (SAC) vlg. Angelus – der ehemalige Verbindungs-Seelsorger Carolinae – war, veröffentlicht. Damals habe ich einige Jahre in der Redaktion dieser Zeitung mitgearbeitet und das von mir entwickelte Layout wurde nach meiner Übersiedlung noch rund 20 Jahre weiterverwendet, bis die Pfarrgemeinde mit drei Nachbargemeinden zur neuen Pfarre 'Göttliche Barmherzigkeit' zusammengelegt wurde.

Doch zurück zum Kreuz und den oben geäußerten Befürchtungen. Fast alles davon ist mittlerweile zur allseits geduldeten Realität geworden, die kaum noch jemanden aufregt, da wir bzw. die christlichen Kirchen ganz andere Sorgen haben. Die Anzahl der Mitglieder und vor allem der Gottesdienstbesucher ist in den letzten drei Jahrzehnten – und insbesondere nach den coronabedingten Einschränkungen – überall kontinuierlich zurückgegangen. Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sogar viele Nachfahren aus christlich geprägten Familien der Boomer-Generation auf eine (kirchliche) Hochzeit verzichten und ihren Nachwuchs nicht mehr taufen lassen (wie es seinerzeit zur Freude mancher Großeltern üblich war), damit sich die Kinder (bzw. Enkerl) später selbst aussuchen können, ob und welcher Religionsgemeinschaft sie beitreten möchten. Dazu kommen noch die Austritte wegen bekannt gewordener Missbrauchsfälle, welche sich nicht auf die katholische Kirche beschränken, sondern in ähnlichem Ausmaß auch die evangelischen Kirchen treffen, was berechtigte Zweifel daran aufkommen lässt, ob die von der Basis seit langer Zeit geforderte Abschaffung des Zölibats und Zulassung von weiblichen Geistlichen in der katholischen Kirche diese Entwicklung stoppen könnte.

Zusätzlich zum steigenden Anteil der Atheisten und Agnostiker tragen der wachsende Anteil der andersgläubigen Migranten und deren höhere Geburtenzahlen zu einem gar nicht so langsamen Wandel in unseren Gesellschaftsstrukturen bei. Wenn man bedenkt, dass laut den Statistiken des Integrationsfonds rund vierzig Prozent der jungen Männer und mehr als achtzig Prozent der Frauen (von denen die meisten nicht einmal Deutschkurse besuchen) nicht erwerbstätig sind, kann man sich ausmalen wohin der wirtschaftliche Weg geht. Die schleichende Unterwanderung unserer mitteleuropäischen Kultur hat schon längst begonnen. In Kindergärten, Schulen und vielen anderen Kantinen wurde Schweinefleisch der Einfachheit halber zumeist vom Speiseplan gestrichen, um sich die Diskussion mit den derzeit noch in der Minderheit befindlichen Zuwanderern zu ersparen. Kreuze und andere religiöse Symbole als Schmuck sind vielerorts unerwünscht oder gar verboten, während andererseits der Anteil der von Kopf bis Fuß verhüllten Frauen, denen von ihren Männern in der Öffentlichkeit keine Rechte zugestanden werden und die daheim den Herd und die Kinder hüten müssen, stetig zunimmt. Der Karfreitag wurde für die evangelischen Christen als fixer Feiertag gestrichen, dafür wird vielerorts auf den Ramadan Rücksicht genommen und das 'Zuckerfest' gefeiert.

Auch der wachsende Antisemitismus wird anscheinend wieder zum Problem. Das liegt einerseits daran, dass mit der großen Anzahl von muslimischen Asylanten der permanente Nahost-Konflikt in unsere Breiten 'importiert' wurde. Andererseits erscheint mir der israelitische Staat und sein Umgang mit den Palästinensern nicht ganz unschuldig daran zu sein, dass sich vor allem junge Inländer (zusätzlich zu den paar ewig Gestrigen, die es schon immer gegeben hat) von den sozialen Medien gegen die Angehörigen des mosaischen Glaubens aufhetzen lassen. Abgesehen davon, dass dieses Volk laut dem Alten Testament schon immer mit seinen Nachbarn in Streit gelebt hat, hat es seit alters her bei den Christen nicht den besten Ruf, weil es laut dem Evangelium mit den Worten 'kreuzige ihn' (Lk 23,21) von Pilatus ausdrücklich gefordert hat Jesus töten zu lassen. Das rechtfertigt und entschuldigt natürlich in keiner Weise die jahrhundertelange Verfolgung der Juden, die in den grauenhaften Kriegsverbrechen während des zweiten Weltkriegs gipfelten. Aber die teilweise Nichtanerkennung bzw. Diskriminierung einzelner hoher Repräsentanten des österreichischen Staates durch die Israelitische Kultusgemeinde, welche die Regierung zu einer Gesetzesänderung im Interesse einer Minderheit (!) veranlasst hat, trägt sicher nicht zur Verbesserung der Situation bei. Dabei waren Juden bekanntlich nicht die einzigen Opfer. Zahlreiche bekennende Christen, darunter auch viele Couleurstudenten, wurden verfolgt und etliche mussten ihren Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime mit dem Leben bezahlen (siehe 'Digitale Stolpersteine gegen das Vergessen' in der Rubrik 'Blitzlichter' im Blech-Boten 3/2023). Zwar wurden nur Synagogen systematisch zerstört und die christlichen Gotteshäuser blieben weitgehend verschont, doch das konfessionelle Christentum wurde vom NS-Staat ebenfalls bekämpft. Sogar der Stephansdom sollte im April 1945 in den letzten Kriegstagen auf Befehl des Führers in Schutt und Asche gelegt werden, was ein mutiger Wehrmachtshauptmann verhinderte. Als Dank für seine Befehlsverweigerung, mit der er das Wiener Wahrzeichen rettete, erinnert eine Gedenktafel am Fuß des Hochturms an die couragierte Tat des Deutschen Gerhard Klinkicht, der darüber hinaus Jahre später noch erhebliche Spenden zur Erhaltung des Doms geleistet hat.

Das Kruzifix soll uns Christen daran erinnern, dass Jesus durch seinen freiwilligen Opfertod die Sünde der Welt auf sich genommen hat, damit für alle Menschen das Tor zum Himmel offen steht. Der Anblick seines gequälten Körpers, wie er in der Gotik und vor allem in der Barockzeit gerne sehr blutrünstig dargestellt wurde, ist wahrlich nicht schön anzusehen, wäre meines Erachtens jedoch gerade in der Fastenzeit durchaus zumutbar, um in der Vorbereitungszeit auf Ostern zur Andacht anzuregen. Während dieser Zeit werden die Altarbilder und Kreuze aber traditionellerweise von einem Fastentuch verhüllt, um in den Kartagen wieder verstärkt die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf sich zu ziehen. Mich persönlich sprechen die romanischen Darstellungen, welche Jesus oft als Christkönig zeigen und seinen Triumph über den Tod versinnbildlichen oder zeitgenössische Kreuze ohne Korpus offen gestanden mehr an, als die späteren Abbildungen seines Leichnams. So oder so sollten wir uns das Symbol des Kreuzes keinesfalls von un- oder andersgläubigen Meinungsterroristen verbieten lassen.
Text und Bild: DDr.cer. Raffael

*) gemeint ist 1995
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 16.04.2025 um 21.09 Uhr