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Nummer 2/2025 | ||
Glaube Kaiser (?) - Österreich
Ist dieser Wahlspruch der Gründer unserer Tegetthoff, der wegen des Beitritts zum MKV in 'Glaube TREUE Österreich' geändert werden musste, im 21. Jahrhunderts noch zeitgemäß? |
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![]() Zuvor wurde die 'kleine brave Tegetthoff' (Zitat aus Österr. Akad. Blätter), welche bei ihrer Gründung eine gemischte Korporation von Mittel- und Hochschülern war, im Jahr 1936 aufgelöst, da sie ihren Zweck erfüllt hatte und an ihrer Stelle von teils denselben Personen die K.Ö.L. Carolina als reine Hochschulverbindung mit den gleichen Farben in anderer Reihenfolge gegründet. Erst 1953 erinnerte man sich wieder daran, dass es früher eine Landsmannschaft für Mittelschüler gegeben hatte und entschloss sich dazu die Tegetthoff jetzt als K.Ö.M.L. - mit Hilfe von Maxen und Leopolden, die auch MKVer waren, zu reaktivieren. Noch im selben Jahr wurde um die Aufnahme in den MKV angesucht, welche erst 1954 nach Änderung des Wahlspruchs und Eliminierung des Kaisers (siehe oben) genehmigt wurde. Im Jahr 1958 gab Ezhg. Otto seine erste Verzichtserklärung ab und bekannte sich zur Republik Österreich, was jahrelang zu innenpolitischen Streitereien und zu heftigen Debatten im Parlament führte. SPÖ und FPÖ waren sich damals einig (wie auch später noch öfter, vor allem wenn es darum ging jemanden zu schaden), dass der Kaisersohn in Österreich unerwünscht sei. Erst 1963 wurde seine Verzichtserklärung von der Republik anerkannt. Für die legitimistischen Landsmannschaften stellte sich damit eine Sinnfrage, die auch Tegetthoff eine Zeit der Flaute bescherte, welche erst 1973 mit der Reception von vier Mittelschülern endete. Wie ging es danach mit dem landsmannschaftlichen Gedankengut in unseren Reihen weiter? Vielleicht lässt sich der Wellengang unserer Geschichte durch einen Vergleich historischer Ereignisse am besten darstellen. Im Jahr 1975 wurde ich gleich im ersten Semester nach meiner Burschung zum Senior der Tegetthoff gewählt und übernahm die Aufgabe das 50. Stiftungsfest (am gleichen Ort wie das bevorstehende 100. Stiftungsfest) zu schlagen. Leider habe ich das Kommersprogramm von damals nicht und kann mich auch nicht erinnern, ob wir damals die Volkshymne gesungen haben. Ich weiß jedoch mit Sicherheit, dass ich bei Burschungen und Bandverleihungen den alten Wahlspruch 'Glaube, Kaiser, Österreich' verwendet habe, wofür mir manche Bundesbrüder ausdrücklich gedankt haben. Anlässlich des 50-jährigen Gründungsjubiläums (von 'Bestehen' kann man infolge der oben erwähnten Unterbrechungen ja nicht sprechen) gab es das ganze Jahr hindurch ein umfangreiches Rahmenprogramm, und zwar eine Vortragsreihe mit sechs hochrangigen Vortragenden, dessen Höhepunkt der Vortrag von S.K.H. Ezhg. Otto über 'Europas Weg ins Jahr 2000 Utopie und Wirklichkeit' auf unserer Bude war. Es war für mich eine große Freude und Ehre, dass ich als junger Senior ihn nicht nur persönlich kennenlernen, sondern auch an seiner Seite am Präsidium sitzen durfte. Seine fundierten Ausführungen und sein eloquenter Vortrag haben mich sehr beeindruckt und mir gezeigt, dass Landsmannschaften auch im Europa des 20. Jahrhunderts eine Daseinsberechtigung haben. Im Folgejahr wurde die KÖL Carolina reaktiviert und in der darauffolgenden Zeit kam es durch das enge Zusammenleben der beiden, damals sehr aktiven Verbindungen auf der Tegetthoffbude vermehrt zu ideologischen Meinungsverschiedenheiten. Bei Tegetthoff wurde vorwiegend der neue Wahlspruch verwendet, da insbesondere manche Beamte und/oder Offiziere infolge ihres Berufseides nicht auf den Kaiser schwören wollten und am Ende von Kneipen und Kommersen wurde auf das Singen der Volkshymne zumeist verzichtet. Das belegt auch das Programm zum 60. Stiftungsfest im Jahr 1985, welches (wiederum im Festsaal des Gewerbevereins) vom damaligen Senior Lucullus geschlagen wurde. Auch in der kleinen Festschrift, die damals herausgegeben wurde, sucht man Hinweise auf das Erzhaus vergeblich, wenn man von den Ausführungen zur frühen Verbindungsgeschichte absieht. Dass es auch anders geht bewies die KÖL Carolina. Zwar wurden auch dort akademische Diskussionen über das sogenannte '5. Prinzip' geführt, wie im Caro-As Nr. 3/1985 nachzulesen ist, aber die Grundsatzerklärung des Akademischen Bundes der katholisch-österreichischen Landsmannschaften war für uns eine Orientierungshilfe. Das Bekenntnis zur Demokratie stand nie im Widerspruch zum Stolz auf die Österreichische Geschichte vor 1918 und zur Anerkennung der Leistungen des Hauses Österreich. Beim 50. Stiftungsfest im Jahr 1986, das vom seinerzeitigen Carolinen-Senior Archimedes unter Ehrenschutz unseres Protektors S.K.H. Ezhg. Dr. Robert von Habsburg-Lothringen geschlagen wurde, stand die Volkshymne sehr wohl am Programm. Das Vorwort zur Festschrift wurde vom Obersten Bandinhaber S.K.H. Dr. Otto von Habsburg geschrieben. Im selben Jahr fand die Fahnenweihe in der Kapelle des Schlosses Persenbeug (wo unser Namenspatron geboren wurde) sowie die Übergabe des Fahnenmutterbandes an I.M. Kaiserin Zita auf Schloss Waldreichs statt. Die Kaiserin ließ es sich zum Abschluss der Feier nicht nehmen allen Anwesenden zu danken und sich von jedem persönlich zu verabschieden, was insbesondere für die damals noch relativ jungen Mitglieder, wie mich selbst, ein außergewöhnliches und unvergessliches Ereignis war. Das 70. Stiftungsfest der Tegetthoff wurde im Jahr 1995 vom damaligen Senior Amadeus im Palais Schwarzenberg geschlagen. Bei diesem Kommers vor 30 Jahren wurde Ezhg. Karl von Habsburg vlg. Pan, der auch die Festrede hielt, das Band der Tegetthoff verliehen und zum Abschluss erklangen nacheinander die Volks- und die Bundeshymne, welche jedoch von der gesamten stattlichen Corona zur Melodie der Volkshymne gesungen wurde, bis sich das gegen Ende der ersten Strophe mit dem Text nicht mehr ausging, worauf das Präsidium einschlug und die Bundeshymne nach kurzer Erheiterung aller Teilnehmer noch einmal korrekt angestimmt wurde. Auch das 75. Stiftungsfest fand wieder im Palais Schwarzenberg statt. Die Festrede zum Thema 'Österreich und Europa' wurde vom ehemaligen Vizekanzler Dr. Erhard Busek gehalten. Danach wurden wiederum beide Hymnen gesungen. Im Jahr 2004 fand anlässlich der Seligsprechung des Namenspatrons der KÖL Carolina ein Festkommers auf der Tegetthoffbude statt, bei dem auch der Oberste Bandinhaber der Landsmannschaften, Bb Pan, zugegen war. Da die Aktivitas der Carolina zu diesem Zeitpunkt bereits sistiert war, fiel mir als Phil-x die Aufgabe zu diesem Kommers vorzubereiten und ein detailliertes Ablaufkonzept zu erstellen. Besonders stolz war ich darauf, dass es mir durch die richtige Wortwahl gelungen war bei der Volkshymne ausnahmslos ALLE Anwesenden auch MKVer, ÖCVer sowie manche Couleurdamen Tegetthoffs, die sich sonst nie angesprochen fühlten zum Aufstehen zu bewegen. Das 80. Stiftungsfest wurde im Jahr 2005 im Unterschied zu den vorangegangenen runden Jubiläen von unserem für lange Zeit letzten Aktiven-Senior Janus bereits in kleinem Rahmen auf der eigenen Bude gefeiert. Da die Aktivitas 2009 sistiert wurde, musste der damalige Phil-x Lucullus das 85. Stiftungsfest im Jahr 2010, welches nach einer Festmesse in Maria Treu auf der Amelungenbude stattfand, selbst schlagen. Die Volkshymne schien im Kommersprogramm nicht auf. Fünf Jahre später wurde das 90. Stiftungsfest unter Phil-x Hagen auf der Bude e.v. KÖHV Rugia abgehalten und zum Abschluss wieder das 'Gott erhalte' angestimmt. Wie man aus der obigen Übersicht, die ich anhand meines privaten Verbindungsarchivs und unserer Verbindungszeitungen erstellt habe, deutlich sieht, gab es bei der KÖML Tegetthoff in den letzten 50 Jahren unseres Bestehens eine doch relativ große Bandbreite hinsichtlich der Auslegung des Prinzips 'Monarchia'. Während bei Carolina, welche seinerzeit laut der Festschrift anlässlich ihres 15-jährigen Bestehens im Jahr 1951 als das junge 'revolutionäre' Reis am alten Stamm der Landsmannschaften bezeichnet wurde, das Verhältnis zum Haus Österreich nicht nur wegen des Namenspatrons stets unbestritten war, herrschte bei Tegetthoff bei der weiten Auslegung aller Prinzipien stets große Meinungsvielfalt, welche unsere Stärke aber zugleich auch Schwäche(!) ist. Ehrungen wurden und werden mitunter nicht aufgrund von Leistungen, sondern wegen der Form der Nase oder persönlicher Seilschaften vergeben oder verwehrt. Prinzipienverstöße, die anderswo zum Ausschluss führen würden, wurden oft unter dem Deckmantel der Bundesbrüderlichkeit verharmlost und ignoriert, während die Bundesbrüderlichkeit in manch anderen Fällen aufs Gröbste verletzt wurde. Besonders bedauerlich ist es, wenn neue Mitglieder, anstatt sich in die Gemeinschaft zu integrieren, diese nach eigenen Spielregeln neu erschaffen wollen. Der Wahlspruch auf unserem Senioratsband ist ein gutes Beispiel dafür. Ich finde es sehr begrüßenswert, dass unsere frisch reaktivierte Aktivitas mit neuen Amtsbändern ausgestattet wird, um die schon etwas verblassten und abgenutzten historischen Bänder (es handelt sich um die dritte Generation aus dem Jahr 1983) zu schonen und beim Kommers zum 100. Stiftungsfest fesch auszusehen. Ich halte es für selbstverständlich, dass das neue Senioratsband in Erinnerung an unsere Gründungsgeschichte auch wieder mit dem Wahlspruch 'Glaube, Kaiser, Österreich' verziert wird. Aber ich finde es sehr merkwürdig und bedenklich, wenn ausgerechnet einige unsere 'jüngsten' Bandphilister also erfahrene und bekennende MKVer in Ermangelung einer expliziten Regelung in der GO gegen die Tradition unserer Korporation, wonach der Wahlspruch immer dem Senior vorbehalten war, verstoßen und sich auf ihren neuen Bänder den alten Wahlspruch mit dem Wort 'Kaiser' aneignen, welches seinerzeit durch das Wort 'Treue' ersetzt werden musste, um überhaupt in den MKV aufgenommen werden zu können. ![]() Unser neuer Aktiven-Senior Napoleon mit den alten Senioratsbändern Laut dem Neuen Testament ist der Sonntag der erste Tag der Woche. Demzufolge war der Sonntag, an dem die Semesterferien der Wiener Schüler zu Ende gingen, zugleich der erste Tag des 200. Semesters unserer Tegetthoff. Daher entschloss sich unsere Aktivitas die Gelegenheit zu nutzen und gleich am Sonntag, den 9. Februar 2025 mit der Semesterantrittskneipe in das Jubelsemester zu starten. Nur ewige Nörgler blieben aufgrund dieses ungewöhnlichen Termins zu Hause und einige wenige Bundesbrüder waren aus sonstigen Gründen entschuldigt, während sich manch andere Teilnehmer darüber freuten, welche aufgrund von beruflichen Verpflichtungen oder wegen eines auswärtigen Studiums unter der Woche nur selten auf die Bude kommen können. Diejenigen, die üblicherweise mit dem Auto anreisen, wurden mit Gratis-Parkplätzen belohnt, welche sogar unerwartet leicht zu finden waren. Da auch einige, großteils junge Damen und korporierte Gäste die Corona bereicherten, war die Veranstaltung insgesamt durchschnittlich gut besucht. Es gab diesmal keine besonderen Zeremonien, wodurch zwischen den Liedern ausreichend Zeit für nette Gespräche blieb. Der Gesang klang vor allem zu Beginn der Kneipe etwas vielstimmig, dessen ungeachtet wagte der hohe x Napoleon welcher vor Beginn der Kneipe mit den auf der Bude verwahrten Amtsbändern ausgestattet wurde auch einen bei uns weniger bekannten Cantus zu kommandieren, der überraschend gut gelang. Als commentmäßiger Stoff wurden diesmal 'Steirer-Blech' angeboten, welcher von den Aktiven eingekauft worden waren, da sie in Ermangelung eines fahrbaren Untersatzes keine Bierkisten transportieren können. Dafür hat sich der hohe xx Grotius sogar noch am Sonntagabend, kurz vor Beginn der Antrittskneipe, auf den Weg in einen Bahnhofs-Supermarkt gemacht, um die Bierreserven mit Dosen aus Salzburg aufzustocken, weshalb er erst nach Beginn des Officiums auf der Bude eintraf. Den Ehrgeiz unserer jungen Kombüsen-Betreiber in allen Ehren, aber vielleicht wäre es doch sinnvoller in Zukunft rechtzeitig einen motorisierten Alten Herren um Unterstützung zu bitten, um bei Bedarf größere Mengen Flaschenbier zu günstigen Konditionen erstehen und bequem transportieren zu können. Dessen ungeachtet, war es eine echt nette und harmonische 'Superkneipe', wie mehrere Bundesbrüder danach in der WhatsApp-Gruppe betonten. Zum Abschluss der Kneipe wurde auch diesmal die erste Strophe der Volks- bzw. Kaiserhymne angestimmt und damit bewiesen, dass die aus der jeweiligen Zeit heraus betrachtet positive Erinnerung an das Kaisertum Österreich bzw. die Österreich-Ungarische Doppelmonarchie in unseren Herzen weiterlebt und kein Widerspruch zu einer demokratischen Gesinnung ist. Text und Bilder: DDr.cer. Raffael
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