Nummer 6/2024
Es wird a Wein sein …

'… und mir wer’n nimmer sein …' lautet der Beginn eines bekannten Wienerliedes, welches – entgegen seiner ursprünglichen Bedeutung – sehr gut zur Situation von Heurigenbetrieben und anderen Gaststätten, aber auch von christlichen Studentenverbindungen passt.
Der Weinbau hat eine lange Geschichte. Laut der Bibel wurde Noah, der Erbauer der Arche, nach der großen Flut der erste Acker- und Weinbauer (Gen 9, 18-29). Er war auch selbst das erste Opfer von übermäßigem Alkoholgenuss und wurde in seinem Zelt von einem seiner drei Söhne betrunken und nackt aufgefunden. Dieser erzählte es den beiden anderen, welche die Blöße ihres Vaters bedeckten ohne ihn dabei anzusehen. Als Noah von seinem Rausch erwachte und davon erfuhr, verfluchte er die Nachkommen des Sohnes, der ihn als erster entdeckt, aber ihn nicht selbst bedeckt hatte. Der Wein forderte laut dem Alten Testament aber auch noch ein anderes 'prominentes' Opfer. Nachdem Lot und seine beiden Töchter aus Sodom errettet wurden – während seine Frau zur untergehenden Stadt zurückblickend zur Salzsäule erstarrte – waren sie alleine, da die künftigen Schwiegersöhne der Warnung Lots nicht geglaubt hatten und nicht mit ihnen geflohen waren (Gen 19, 12-38). Daher gaben die Töchter ihrem Vater Wein zu trinken und legten sich zu ihm, um von ihm Kinder zu bekommen. Diese Geschichte wurde in der bildenden Kunst häufig dargestellt.


Lot und seine Töchter, Albrecht Altdorfer, 1537 (KHM)

Auch im Neuen Testament kommen Wein, Weinberge oder z.B. der Vergleich mit einem Weinstock häufig vor. Aufgrund seiner Verwendung beim letzten Abendmahl ist Wein auch im Sakrament der Eucharistie bis heute ein wesentliches Element. Aber nicht nur im Judentum und in der Folge bei den Christen war der Wein schon in der Antike beliebt, wie der römische Gott Bacchus und sein griechisches Pendant Dionysos beweisen. Nach Wien wurde der Wein vermutlich durch den römischen Kaiser Probus gebracht, der hier Rebstöcke für die Legionäre des Lagers Vindobona pflanzen ließ. Auch später, im Mittelalter, zählte Wein neben Bier zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln, da diese Getränke bekömmlicher waren, als das häufig durch Unrat verseuchte Wasser. Daher tranken erwachsene Personen, wie aus verschiedenen Quellen hervorgeht, durchschnittlich etwa zwei Liter Wein pro Tag, wobei dieser im Allgemeinen leichter als unsere heutigen Weine war und auch an Kinder verabreicht wurde. Da der Geschmack früher bei weitem nicht mit den Qualitätsprodukten unserer Zeit vergleichbar war, wurde er oft mit Gewürzen, Kräutern oder Honig verbessert.

Am 17. August 1784 erließ Kaiser Joseph II. eine Verordnung, die es den Winzern erlaubte neben dem eigenen Wein auch Lebensmittel aus eigener Erzeugung zu verkaufen. Es war zwar angeblich auch schon vorher Brauch, dass die Weinbauern den Ausschank durch das Ausstecken von Reisigbuschen anzeigten, aber erst durch das Anbieten von Speisen entstand die Wiener Heurigenkultur im heutigen Sinne. Als Buschenschanken gelten landwirtschaftliche Betriebe in Heurigenregionen, die nur Eigenbauweine und meist nur kalte Speisen anbieten, sofern nicht am selben Standort ein gesondertes Heurigenbuffet geführt wird. Diese Lokale haben üblicherweise nur eingeschränkte Öffnungstage. Nur sie dürfen durch einen Buschen anzeigen, dass ausg’steckt ist. Daneben gibt es auch sogenannte Heurigenrestaurants, welche eine volle Gastgewerbekonzession benötigen und auch zugekaufte Weine oder Bier anbieten. Ich selbst habe mich früher kaum für Heurige interessiert, da ich als Couleurstudent in jungen Jahren Bier bevorzugte und weil die bekanntesten Wiener Heurigenorte, wie z.B. Grinzing oder Neustift am Walde, ebenso wie jene im Umland, wie z.B. Perchtoldsdorf, öffentlich nur relativ schlecht erreichbar sind. Erst vor ein paar Jahren habe ich durch meine Übersiedlung nach Oberlaa die Vorzüge der dort beheimateten Heurigenlokale kennen und schätzen gelernt. Aber leider haben mittlerweile rund die Hälfte sowohl der Buschenschanken, als auch der Gastwirtschaften in meiner näheren Umgebung ihre Pforten geschlossen. Ob die Ursachen dafür die gestiegenen Kosten, der Personalmangel oder der Besucherschwund infolge der Krisen sind, ist mir nicht bekannt, aber es scheint dem Vernehmen nach vielerorts ähnlich zu sein.


Heurige haben auch in unseren Verbindungen eine gewisse Tradition. Vor rund dreißig Jahren fand meiner Erinnerung nach der erste CZB-Heurige in Kierling statt. Seither laden DDDr.cer. Brutus und Tegetthoffs Fahnenmutter Elektra alljährlich am ersten Sonntag im Juli die Bundesbrüder und –schwestern ihrer Verbindungen sowie Freunde des Kierlinger Couleurstammtisches zu einem Couleurheurigen auf ihren 'Latifundien' ein und spenden den Ertrag dieser Veranstaltung für couleurstudentische Zwecke. Heuer musste der Benefizheurige in Kierling allerdings infolge einer OP des Gastgebers auf den ersten Sonntag im August, den 4.8.2024, verschoben werden. Trotz seiner Rekonvaleszenz ließ es sich DDDr.cer. Brutus nicht nehmen eigenhändig für das Heurigenbuffet (siehe Bild oben) zu sorgen. Als süße Ergänzung gab es einen von Couleurdame Margarethe mitgebrachten Kriecherlkuchen. Bei den Getränken wurde von den meisten Gästen in Anbetracht des äußerst warmen Schönwetters Bier anstelle des Heurigengetränks Wein bevorzugt. Der Großteil der Teilnehmer waren - teils schon langjährige - Pensionisten, nur Augustus und Archimedes sowie dessen Frau Dagmar sind noch erwerbstätig und trugen so ein wenig zur Senkung des Durchschnittsalters bei. Da leider keiner der jüngeren Tegetthoffer den Weg nach Klosterneuburg gewagt hat, waren seitens unserer beiden Korporationen außer einem Carolinen nur Doppelmitglieder vertreten. Es war ein netter Nachmittag im relativ kleinen Kreis der treuen Stammgäste.

Nicht ganz so alt ist die Tradition des Sommerheurigen von Carolina. Vor etwa zehn Jahren wurde erstmals ein Stadtheuriger auf der Carolinenbude abgehalten, der seit damals fast jedes Jahr stattfand. 2021 wurde die Veranstaltung erstmals am 17. August, dem Geburtstag unseres Namenspatrons Kaiser Karl I. sowie der Wiener Heurigentradition (siehe oben) abgehalten und in 'Kaiserheuriger' umbenannt. Als Symbol diente bisher eine mit dem Bildnis Kaiser Karls geschmückte Heurigentafel. Heuer wurde auf diese verzichtet und stattdessen wurde ein von Dr.cer. Mauritius an Carolina geschenkter Viererblock mit unverausgabten historischen Briefmarken präsentiert, die von nun an in einem Rahmen mit zugehöriger Erläuterung die Bude schmücken.


Zwei der für Rumänien 1919 vorgesehenen Briefmarken.

Diesmal wurde der Kaiserheurige ausnahmsweise auf den 13.8.2024 vorverlegt, da AH Babo, der sich wie im Vorjahr dankenswerterweise bereit erklärt hat den Wein und das Buffet zu spenden, wegen eines wichtigen familiären Termins ins Ausland reisen musste. Im Sinne eines echten Heurigen präsentierte uns Babo sechs verschiedene Weine aus seinen eigenen Weingärten in Illmitz. Als kulinarische Untermalung gab es den von ihm wiederentdeckten und in seinem Auftrag hergestellten 'illmici'-Käse (Details darüber siehe im Blech-Boten 7/2023) sowie Speck und drei verschiedene Würste, welche ohne Geschmacksverstärker und Koservierungsmittel hergestellt und von ihm vermarktet werden. Dazu wurden vier von Margarethe gebackene Brotsorten angeboten. Die Anwesenden kamen nicht nur in den Genuss der hervorragenden Lebensmittel, sondern erhielten auch interessante Informationen zu deren Produktion. Der Besuch war diesmal zwar etwas geringer als im Vorjahr, aber bewegte sich im üblichen Rahmen und hat sich für alle Teilnehmer gelohnt.

Text und Bilder: DDr.cer. Raffael
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 23.08.2024 um 21.00 Uhr