Nummer 1/2024 | ||
'Todsünde' Vermögensteuer Gedanken über Steuergerechtigkeit und Rückblick auf einen Insider-Vortrag über Konzepte zur Besteuerung von Vermögen |
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Steuern sind für viele ein notwendiges Übel. Die Mehrheit der Bevölkerung hält es für ungerecht, dass man für seine bescheidenen Einkünfte auch noch Steuern zahlen muss, ist aber gleichzeitig davon überzeugt, dass die Besserverdienenden und erst recht Vermögende, welche ihren Reichtum nicht selbst erworben haben, mehr zum Gemeinwohl beisteuern sollten. Wenn es jedoch um die 'nochmalige' Besteuerung der eigenen, schwer verdienten und ohnedies schon versteuerten Ersparnisse geht, hält sich das Verständnis meist in Grenzen. Gerade in der Gegenwart ist der letzte Punkt durchaus verständlich. In Zeiten hoher Inflation, in denen die Zinsen den realen Wertverlust des Kapitals nicht einmal annähernd abdecken können, kommt eine Besteuerung des Ertrages einer teilweisen Enteignung gleich. Doch beginnen wir systematisch mit der Geschichte des österreichischen Einkommensteuerrechtes. Mit Allerhöchstem Patent von 1812 wurde von Kaiser Franz I. erstmals eine Erwerbsteuer nach Berufsgruppen eingeführt. 1849 wurde dann von Kaiser Franz Joseph die Einhebung einer Einkommensteuer angeordnet. Gegenstand der Besteuerung war damals 'das Einkommen von dem der Grund- und Gebäudesteuer unterliegenden Besitzthume …' und der Spitzensteuersatz betrug lediglich 10%. Nach dem Anschluss im Jahr 1938 wurde das Einkommensteuergesetz des Deutschen Reiches auch in Österreich übernommen und dieses wurde – trotz seines nationalsozialistischen Ursprungs (!) – auch nach dem Krieg beibehalten und bildet bis heute die Grundlage unseres Steuersystems. Demzufolge werden, abgesehen von einigen Sondertatbeständen, im Wesentlichen zwei Gruppen von Einkunftsarten unterschieden: Die Einkünfte aus Arbeit (d.h. aus landwirtschaftlicher, gewerblicher, freiberuflicher oder unselbständiger Erwerbstätigkeit) und jene aus Vermögen (d.s. Einkünfte aus Vermietungen bzw. Verpachtungen und Kapitalerträge). Schon daraus sieht man, dass auch das Vermögen – sofern es Erträge abwirft – wie schon zu Kaiserszeiten in Form der Einkommensteuer besteuert wird, wobei der progressive Tarif heutzutage mehr als das Fünffache von damals (bis zu 55%) beträgt. Der Vater, des aus einem Wienerlied bekannten Sohnes, müsste nach heutigem Recht als Hausherr und Seidenfabrikant somit Einkommensteuer für den Gewinn aus seiner Fabrik, für die Mieterträge aus seinem Immobilienbesitz und für die Erträge der vermutlich ebenfalls vorhandenen reichlichen Ersparnisse bezahlen, bevor dessen liederlicher Sohn den danach verbleibenden Reichtum verjubeln kann. Auch Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien oder Wertpapieren unterliegen in der Regel der Einkommensbesteuerung. Der Besitz von ertraglosem Vermögen (welches mitunter – wie z.B. die Erhaltung eines privat genutzten Hauses oder gar eines denkmalgeschützten Schlosses – erhebliche Kosten verursacht) wird nur relativ gering mit Grundbesitzabgaben belastet. Nur der unentgeltliche Vermögensübergang an Erben oder Geschenknehmer wird derzeit gar nicht besteuert, sofern es sich nicht um Immobilien handelt, welche der Grunderwerbsteuer (GrESt) unterliegen. Weiters sind Gewinne aus Glückspielen steuerfrei (vergleiche Artikel 'Reicher als reich' im Blech-Boten 4/2021). Einnahmen aus illegalen Geschäften, vom Pfusch des kleinen Mannes oder der Schmiergeldannahme bis hin zu den Erträgen aus kriminellen Machenschaften, wie z.B. Bankraub, Cybercrime, Rauschgifthandel oder Schlepperei wären zwar theoretisch steuerpflichtig, da es sich um nachhaltige, also gewerbliche Einkunftserzielung handelt, sind aber mangels Legalität nicht erfassbar. Die letztgenannten Verbrechen, welche oft auch der Finanzierung von terroristischen Aktivitäten dienen, werden zumeist von professionell tätigen, internationalen Banden verübt. Um deren Möglichkeiten Schwarzgeld, z.B. durch Veranlagungen in Immobilien, weiß zu waschen einzuschränken, wurde von der EU jüngst ein Anti-Geldwäsche-Paket beschlossen, welches frühestens 2026 in Kraft treten soll und unter anderem eine Obergrenze für Bargeldzahlungen von bzw. an Unternehmen in Höhe von € 10.000,- vorsieht. Die Milliarden an illegalen Vermögen werden aber, selbst wenn sie von im Inland (bzw. in der EU) steuerpflichtigen Personen lukriert werden, sicher nicht in irgendeiner Vermögensteuererklärung offengelegt werden. In den Anfangsjahren meiner beruflichen Zeit als (ehemaliger) Steuerberater gegen Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er-Jahre habe ich miterlebt, wie kreativ selbst ansonsten unbescholtene Staatsbürger wurden, wenn es darum ging ihr Privatvermögen dem Zugriff des Fiskus zu entziehen. Neben ganz legalen Steuerbegünstigungen wie z.B. für Stiftungen, wurden größere Ersparnisse beispielsweise gerne auf anonymen ausländischen Konten angelegt, z.B. bei Schweizer Banken, welche damals noch keine Meldungen bzw. Steuern an die inländischen Behörden abliefern mussten. Dessen ungeachtet halten die linken Denkfabriken im Moment dumm an ihren Vermögensteuer-Visionen fest und vergleichen die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden der 20 größten österreichischen börsennotierten Konzerne mit jenen eines durchschnittlichen Beschäftigten. Ich gebe zu, dass auch ich mich frage, ob es wirklich notwendig ist, dass diese Top-Manager im Schnitt das 75-fache ihrer Mitarbeiter verdienen, aber andererseits gebe ich zu bedenken, dass sie gegebenenfalls auch das etwa 600-fache (!) an Steuern bezahlen. Ist damit der legale Vermögenszuwachs nicht schon genug besteuert? Abgesehen davon verdienen die besten österreichische Spitzensportler oder international erfolgreiche Künstler(innen) im Ausland teilweise noch mehr als die Konzernmanager, aber sie versteuern ihre Einkünfte bzw. ihr Vermögen oftmals nicht im Inland, weil sie hier höchstens einen Zweitwohnsitz beibehalten. Worin besteht also der Sinn des ständigen Vergleichens von den Gehältern einer Handvoll Topverdiener mit jenen von Otto (oder Ottilie) Normalverdiener(in)? Er schürt nur den Neid der breiten Masse, die nicht durchschaut, dass der bei weitem größte Teil der Einkommensteuern nicht von kleinen und mittleren Einkommensbeziehern, sondern von jenen Menschen aufgebracht werden, die überdurchschnittliche Einkünfte erzielen, aber ihrerseits dennoch meilenweit vom Einkommen der Topverdiener entfernt sind. Aber Neid ist eine der sieben Todsünden. Es ist ein großer Unterschied, ob manche Superreiche selbst für eine höhere Besteuerung ihres Vermögens eintreten bzw. einen Teil ihrer Erbschaft verschenken oder ob vermeintliche Arbeitnehmervertreter, die meist auf gutdotierten Posten sitzen, aus politischem Kalkül das Wählervolk aufwiegeln, indem sie den Neid der Geringverdiener auf ihre Nachbarn, die ein größeres Auto, eine schönere Wohnung oder ein neueres Handy besitzen und daher vermeintlich schon zu den Reichen zählen, anfachen. Ich bin nicht generell gegen eine höhere Besteuerung der Superreichen, sofern die Grenzen dafür nicht schon beim Mittelstand festgesetzt werden, aber ich halte die 'nachträgliche' Kürzung des schon versteuerten Einkommens durch eine separate Vermögensteuer, in der Art wie es sie früher in Österreich gab, für Unfug. Abgesehen von den obigen Gründen ergeben sich bei der Erfassung, Bewertung und Kontrolle des Vermögens (man denke an die Immobilien-Bewertung, Luxusfahrzeuge, wertvolle Kunstwerke in privaten Kellerdepots, teuren Schmuck und vieles mehr) zahlreiche Probleme und je höher das Vermögen ist, für Zahlungsunwillige auch umso mehr Möglichkeiten Schlupflöcher zu suchen und zu finden. Und die Beschränkung einer Vermögenssteuer auf einzelne leicht erfassbare Vermögensarten wie z.B. Grundstücke oder Kapitalanlagen wäre meines Erachtens ungerecht. Ob und inwieweit eine Besteuerung des Vermögensübergangs gerecht erscheint, würde an dieser Stelle zu weit führen. Aber vielleicht ergibt sich demnächst eine andere Gelegenheit meine diesbezüglichen Gedanken dazulegen. Auch beim WA am 24.1.2024 haben wir uns mit dem Thema 'Vermögenssteuern: Konzepte und Wirklichkeit' auseinandergesetzt. Der Vortragende, Bb Hades (Lp), der beim BMF in der Abteilung für Steuerpolitik tätig ist, erläuterte uns die Hintergründe und versuchte uns eine sachliche, steuerpolitische Einordnung näherzubringen. Er erklärte unter anderem den Unterschied zwischen Steuern auf den Vermögensbesitz, welche fast überall in Europa abgeschafft wurden, und Steuern auf die unentgeltliche Übertragung von Vermögenswerten, welche in anderen Ländern weit verbreitet sind, bei uns hingegen – wie oben erwähnt – nur bei Immobilienübertragungen anfallen. Weiters erwähnte er die Kritik der OECD, dass Österreich angeblich zu wenig Vermögensteuer einhebe und relativierte diese Behauptung, indem er darauf hinwies, dass die Berechnungsgrundlagen sehr unterschiedlich sind und manche österreichischen Abgaben auf Besitz, die es im Ausland nicht gibt, in die Berechnung nicht einbezogen würden. Auch die Behauptungen von sozialistisch-marxistischer und grün-kommunistischer Seite, wonach angeblich das reichste Prozent der Bevölkerung 50% des Vermögens besitzen würde und dass eine Vermögensteuer daher mehr als 5 Milliarden Euro Steuereinnahmen pro Jahr bringen würde, sind nach den Berechnungen der Finanzbehörde nicht nachvollziehbar. Vielmehr ist Österreich Umverteilungs-Weltmeister und liegt in europäischen Vergleichen über die Einkommens- und Vermögensverteilung im Mittelfeld, wie z.B. der Vergleich des Gini-Koeffizients beweist. Am überdurchschnittlich guten Besuch dieses WA, zu dem auch einige Gäste – wie z.B. Vertreterinnen der Elisabethina, beitrugen – konnte man erkennen, dass diese Steuerthema auf reges Interesse stößt. Neben dem informativen Vortrag wurde den Anwesenden auch wieder eine kulinarische Unterlage, diesmal in Form von gefülltem Jour-Gebäck, geboten und nach dem Ende des offiziellen Teils war noch ausreichend Zeit, um den interessanten Abend mit gemütlichen Gespräche in kleinen Gruppen an der Bar ausklingen zu lassen. Text und Bilder: DDr.cer. Raffael
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