Nummer 3/2023
Land der Äcker …

Laut einer Statistik des Umweltbundesamtes verringerte sich die Fläche der produktiven Böden in Österreich im Durchschnitt um 41 km2 pro Jahr. Auch Wien trägt einiges zu dieser Entwicklung bei.

Die Versiegelung des Bodens vernichtet nicht nur Anbauflächen und damit die Möglichkeit zur Nahrungsmittelproduktion zwecks Selbstversorgung der heimischen Bevölkerung mit inländischen Produkten, sondern ist auch schlecht für das Klima, weshalb sie laut dem aktuellen Regierungsprogramm so gering wie möglich gehalten werden soll. Der größte Teil der Flächeninanspruchnahmen erfolgt durch Gebäudeerrichtungen, wobei der Anteil für Wohnbauten konstant hoch ist, während jener für Betriebsflächen in den letzten Jahren etwas zurückgegangen ist. Der Straßenbau, der von Umweltschützern gerne als Sündenbock dargestellt wird, verursacht dagegen nur einen relativ geringen Anteil der Bodenversiegelungen. In Wien gibt es im Unterschied zu anderen Großstädten einen hohen Anteil an Grünflächen. Fast die Hälfte des Stadtgebietes von insgesamt 414 km2 ist (noch) unverbaut, wovon wiederum fast die Hälfte – also in etwa ein Viertel des Gemeindegebiets – auf den Wienerwald entfällt. Ein großer Teil des anderen Viertels sind öffentliche Grünanlagen und rund 14% der Stadtflächen, das sind immerhin etwa 58 km² bzw. 5.800 ha werden landwirtschaftlich genutzt. Davon entfallen ca. 4.700 ha auf Ackerland für den Getreide- und Gemüseanbau, weshalb die Wiener Gärtner einen wesentlichen Beitrag zur Nahversorgung der Bewohner unserer Stadt erbringen können.

Die landwirtschaftlichen Gebiete befinden sich vorwiegend nördlich der Donau, in Donaustadt und Floridsdorf, sowie im Süd-Osten der Stadt, in Favoriten und Simmering. Genau diese Regionen sind von der laufenden Stadterweiterung am meisten betroffen. Einerseits werden die privaten Grundstücke immer stärker verbaut und anderseits entstehen am Stadtrand teils riesige Wohnblöcke. Als Bewohner von Oberlaa beobachte ich vor allem die städtebauliche Entwicklung im Süden Wiens mit Sorge. Infolge der rasant gestiegenen Grundstückspreise werden die freiwerdende privaten Baugründe, auf denen früher ein kleines Sommerhaus oder bestenfalls eine schöne Villa in einem großen Garten gestanden sind, zugepflastert. Die Altbauten werden abgerissen und stattdessen entstehen Reihen- oder Mehrfamilienhäuser mit mehreren Parkplätzen und pflegeleichten – weil kaum mehr als handtuchgroßen – Grünflächen, welche sich auf den meist drei Meter breiten Randbereich zum Nachbargrundstück beschränken. Daneben werden aber auch größere zusammenhängende Flächen gesucht und gefunden, um 'verkehrsberuhigte' Siedlungen zu errichten, deren Bewohner und Besucher auf Parkplatzsuche großräumig um die Anlagen herumfahren müssen. So sind bereits in den letzten Jahren entlang einer der Wiener Südachsen, beginnend mit dem Sonnwendviertel hinter dem Hauptbahnhof, über die Laaer Berg-Straße mit dem Campus Montelaa, dem 'Hoch33'-Hochhaus, dem Viola-Park bei der Allianz-Arena und den Wohnhausanlagen am Südhang Laaerberg eine Menge von neuem Wohnraum geschaffen worden, um den Wohnungsbedarf der wachsend Stadt zu decken. Für die geplante, nicht unumstrittete Nachverdichtung bei der U1-Endstation Oberlaa 'An der Kuhtrift' und zwischen der Therme Wien und dem Taba-Tower habe ich noch durchaus Verständnis. Ein weiteres Projekt der rosa-roten Stadtregierung stößt hingegen nicht nur bei mir auf Unverständnis: In Rothneusiedl sollen auf 124 ha fruchtbarem Ackerboden Wohnungen für 20.000 Menschen anstelle von Feldfrüchten aus dem Boden wachsen. Dieses Vorhaben ist trotz der Proteste der Bevölkerung von langer Hand geplant, schließlich liegen auch schon die Pläne zur Verlängerung der U1 in das neue Siedlungsgebiet vor. Es scheint fast, als wäre dieses angebliche 'Ökoprojekt', bei dem eine Fläche, die ca. 174 (!) Fußballfeldern entspricht, verbaut werden soll, eine Rache der Roten am ehemaligen Grünen Koalitionspartner in Wien bzw. an den Grünen in der Bundesregierung. Offenbar will sich die Stadt mit einer 'roten Neusiedlung' in Rothneusiedl lieber ein städtebauliches Denkmal setzen, als auf die Umwelt zu achten.

Ein anderer Kritikpunkt von Klima- und Naturschützern ist oft die Fleischproduktion, weshalb man(n) als normaler Konsument immer öfter in den (oft unfreiwilligen) Genuss von veganen Fleischersatz-Produkten kommt, die meist von wohlmeinenden Mitbürgerinnen zubereitet werden, um dem Körper und der Umwelt etwas angeblich Gutes zu tun. Um Missverständnisse von vorne herein auszuschließen: Selbstverständlich soll jeder Mensch nach seiner eigenen Vorstellung glücklich werden, jedoch nicht versuchen andere zwangsweise zu missionieren. Dabei habe ich wirklich nichts gegen vegetarische Gerichte einzuwenden und esse gerne Gemüse, Schwammerln oder Mehlspeisen als Abwechslung zu Fleischspeisen. Ich persönlich halte den von Veganern gepflegten völligen Verzicht auf tierische Produkte jeglicher Art, also z.B. auf Eier, Milchprodukte und Honig, für unnatürlich und ungesund. Und außerdem soll Obst und Gemüse wenn ich es verzehre auch danach aussehen und schmecken und weder optisch, noch geschmacklich den vergeblichen Versuch unternehmen an Fleisch oder Wurst zu erinnern. In Sachen Tierschutz gibt es bei der Fleischproduktion tatsächlich Verbesserungsbedarf. Insbesondere Lebendtiertransporte über weite Strecken sollten unterbunden werden und wären gar nicht nötig, wenn die Konsumenten ihre Ansprüche und Gewohnheiten an die örtlichen Gegebenheiten anpassen würden. In Österreich wird jährlich deutlich mehr Rind- und Schweinefleisch produziert als wir im Inland konsumieren! Aber einerseits werden bei uns nicht alle Fleischteile der Schlachttiere gleichermaßen geschätzt, weshalb manche Stücke bis nach Ostasien exportiert werden und anderseits sind viele Menschen nicht bereit oder nicht in der Lage einen angemessenen Preis für Bio-Qualität aus dem Inland zu bezahlen, weshalb großen Mengen an Billigfleisch aus Massentierhaltung importiert werden, um die Wünsche der Konsumenten nach preisgünstigem Grillgut und dergleichen zu befriedigen.

Um die Umwelt wirklich zu schützen wäre ein generelles Umdenken der Menschen erforderlich, zu dem wir in Österreich nur einen lächerlich kleinen Beitrag leisten können. Der CO2-Fußabdruck Österreichs macht nämlich nur ca. 0,2% der weltweiten Belastung aus, während China alleine rund 28% der Verschmutzung verursacht! Danach folgen die USA mit knapp 15% vor Indien, Russland und Japan. Errechnet man den CO2-Ausstoß pro Kopf liegen die Staaten auf der arabischen Halbinsel deutlich in Führung vor den oben genannten Ländern, mit Ausnahme Indiens, das zwar einerseits sehr bevölkerungsreich, aber andererseits sehr arm ist und daher pro Kopf eine relativ geringe Luftverschmutzung verursacht. In den USA, Kanada oder Australien ist die durchschnittliche Emission etwa doppelt so hoch wie in Europa. Der Anteil Europas an der weltweiten Erzeugung von schädlichen Treibhausgasen beträgt insgesamt angeblich nur etwa 8%, wovon mehr als die Hälfte in Deutschland, Frankreich, Italien und Polen verursacht werden. Daher sind die Bemühungen der EU zur Erreichung der Klimaziele meines Erachtens zwar grundsätzlich ein sinnvoller und notwendiger Beitrag, bewirken aber insgesamt nicht viel mehr als ein Tropfen auf einem heißen Stein. Jedoch zweifeln etliche Experten an der Sinnhaftigkeit der konkreten Maßnahmen, welche vermutlich auf massives Lobbying gewisser Konzerne zurückzuführen sind. Die geplante komplette Umstellung auf E-Autos verursacht nicht nur bei der Produktion der Fahrzeuge – die voraussichtlich gar nicht ausreichen wird, um innerhalb weniger Jahre den Bedarf zu decken – sondern auch bei der Entsorgung alter Batterien und bei der Erzeugung des zusätzlichen Strombedarfs mittels fossiler Energien, wie Gas- und Kohlekraftwerken, eine enorme Umweltbelastung. Abgesehen davon begibt sich Europa damit noch weiter in die Abhängigkeit anderer Staaten, insbesondere Chinas, was keinesfalls erstrebenswert ist. Es ist unserem Bundeskanzler hoch anzurechnen, dass er sich nicht vom populistischen Strom der Verbrennungsmotoren-Gegner mitreißen lässt, obwohl er sich damit nicht nur Freunde macht und immerhin werden mittlerweile auch E-Fuels als Ersatz angedacht.

Die Sinnhaftigkeit anderer angeblicher Umweltschutzmaßnahmen darf durchaus angezweifelt werden. In Anbetracht der verhältnismäßig geringen Belastung in Europa (siehe oben), von der nur ein Teil auf den Individualverkehr zurückzuführen ist, ist laut Experten durch die von den Klima-Aktivisten geforderte Tempo-Reduktion auf den Autobahnen keinerlei spürbare Auswirkung auf die globale Erderwärmung zu erwarten. Eine andere aktuell in Diskussion befindliche Maßnahme wage ich ebenfalls anzuzweifeln: Wissenschaftler der Universität Wien und der WU glauben angeblich, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit eine Verringerung des Zeitdrucks und eine Entschleunigung zur Folge hätte, die sich positiv auf unser Klima auswirken könnte. Dies ist Wasser auf den Mühlen der Befürworter der Vier-Tage-Woche. Betrachtet man allerdings die Realität anstelle von wissenschaftlichen Theorien, sieht die Welt ganz anders aus. Eine Vielzahl von Menschen nutzen jede freie Minute für Freizeitaktivitäten, die nur selten direkt vor der eigenen Haustür stattfinden. Im Winter fahren viele Hobbysportler wenn möglich jedes Wochenende in die Berge um auf künstlichem Schnee Ski oder Snowboard zu fahren (oder nur um Rennläufern dabei zuzusehen), im Frühjahr wälzen sich Autokolonnen durch die Wachau, um die Marillenblüte zu bewundern, bevor dieselbe Gegend von Marathonläufern oder Sonnwend-Touristen heimgesucht wird und im Sommer zieht es viele an die heimischen Seen oder zum Wandern und Klettern in die Berge. Da ja parallel zur eigenen Freizeit die Arbeit nicht liegen bleibt, sondern von anderen Menschen übernommen werden muss, um der Wirtschaft das Überleben und damit den Menschen die Arbeitsplätze zu sichern, kann ein mehr an Freizeit mit dem erhofften vollen Lohnausgleich im Endeffekt nur zu einem noch größeren Energieverbrauch und zu einer höheren Umweltbelastung führen.

Obwohl bzw. weil jeder einzelne von uns nur verschwindend wenig zum globalen Umweltschutz beitragen kann bleibt zu hoffen, dass die Regierungen in Europa und vor allem in jenen Ländern deren Wirtschaft die Umwelt am meisten belastet, rechtzeitig umdenken und anstelle von heißer Luft sinnvolle Regeln beschließen, um die Verschmutzung und Erwärmung der Erdatmosphäre einzubremsen und ausreichend Böden zur Nahrungsproduktion für die laufend ansteigende Weltbevölkerung zu erhalten, damit wir nicht von im Labor gezüchteten Würmern und Insekten leben müssen, die sind nämlich auch nicht vegan!
Text und Bild: DDr.cer. Raffael
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zuletzt geändert: 29.03.2023 um 22.30 Uhr