Nummer 3/2023
Kein G'sangsverein

Ein altes Sprichwort besagt: 'Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.' Für die Guten gab es auf der Bude Gelegenheit ihre Gesangskünste unter Beweis zu stellen.

Am Ende des Officiums einer Kneipe hat das Präsidium die Möglichkeit einen Nachfolger für das Inofficium zu bestellen und während dieser seinen Platz wechselt, wird gerne 'Ja wo ist denn das Präsidium …' intoniert. Falls sich der Nachfolger dabei mehrere Strophen Zeit lässt, endet das Lied oft mit 'Ja samma denn a G’sangsverein?'. Da unsere Altherrenschaft aber aufgrund des Alters der Anwesenden sowie deren teils sehr weitem Heimweg dazu tendiert, die Bude spätestens um 22 Uhr fluchtartig zu verlassen, wird bei uns üblicherweise auf ein Inofficium verzichtet und nur zu einem gemütlichen Beisammensein eingeladen, falls einige Bundesbrüder und Gäste doch noch länger auf der Bude verweilen wollen. Deshalb waren bei Carolina und Tegetthoff in letzter Zeit auch kaum inoffizielle Lieder zu hören, weshalb der hohe Phil-x(x) Newton bei der Erstellung des Semesterprogramms die Idee hatte, wieder einmal selten gesungene Canti bei einer eigenen Veranstaltung, abseits einer Kneipe, zu üben, damit sie nicht völlig in Vergessenheit geraten.


Einen für diesen Plan geeigneten Vorsänger mussten wir nicht lange suchen, weil uns der hohe Bu-x Maximus (Wa) bei der letzten Semesterschlusskneipe durch seine kräftige Stimme positiv aufgefallen ist und er sich auch gleich bereit erklärt hatte, diese Funktion zu übernehmen. Zur Überraschung der Teilnehmer hat er seine Aufgabe sogar wesentlich ernster genommen als erwartet. Ausgerüstet mit eigenem Laptop und Beamer kam er am 21.3.2023 zum Sangesconvent und eröffnete den Abend mit einem kurzen Vortag über die Entstehung und Verbreitung des couleurstudentischen Liedguts sowie die unterschiedlichen Cantus-Themen. Er erläuterte auch, dass das Allgemeine Deutsche Kommersbuch – nach dem Ort des Verlages auch 'Lahrer-Bibel' genannt – das 1858 erstmals erschien ist und von dem mittlerweile die 167. Auflage herausgegeben wurde, auf älteren Studentenlieder-Sammlungen aufbaute und dass das 'Gaudeamus igitur' bereits 1781 im Liederbuch von C.W. Kindleben zum ersten Mal abgedruckt wurde. Vom Österreichischen Kommersbuch gibt es dagegen nur bescheidene drei Ausgaben uns zwar jene von 1965, 1984 und 2015. (Anm.: In der dritten Auflage ist endlich der Textdichter des Landsmannschafterliedes Pittioni mit dem korrekten Vornamen HANS genannt, beim Komponisten Karl Ballaban fehlt jedoch der Hinweis, dass auch dieser Tegetthoffer war.) Nach der Theorie folgte die Praxis und wir sangen zur Übung ein knappes Dutzend unterhaltsamer Lieder, wobei wir auch unserem Vorsänger noch neue Varianten beibringen konnten.

Schon vor dem Gesang konnten sich die Teilnehmer an einer vom Kombüsenwart dieses Abends, Dr.cer. Archimedes, vorbereiteten Stärkung erfreuen. Inspiriert durch das Motto der Veranstaltung wurde zum 'Xang' von ihm 'Xunds und Xelchts' (d.h. schmackhafte Brote mit Geselchtem und reichlichen Gemüsebeilagen) angeboten. Der einzige Wermutstropfen des Abends war die geringe Anzahl an Sängern. Einige wenige hatten sich aus nachvollziehbaren Gründen entschuldigt, aber damit, dass außer fünf von sechs Chargen, von denen zwei wie üblich in Damenbegleitung erschienen waren, es leider niemand der Mühe wert gefunden hat der Einladung zu folgen und die Stimmbänder zu trainieren, hatten wir nicht gerechnet. Offenbar sind wir wirklich kein G’sangsverein…
Text: DDr.cer. Raffael
Bild: Claudia
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zuletzt geändert: 31.03.2023 um 21.58 Uhr