Nummer 8/2022
Alte weiße Männer

Vor wenigen Tagen hat uns die Nachricht über das Ableben von Queen Elizabeth II. erreicht. Der Thronfolger ist nicht mehr der Jüngste und auch andernorts stehen oft alte Männer an der Spitze.

Es ist traurig, aber erstaunlich zugleich. Der Tod der britischen Monarchin nach 70-jähriger Regierungszeit kam nicht überraschend, sondern war aufgrund des Alters von 96 Jahren und der offensichtlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes absehbar. Dennoch trauert nicht nur die Bevölkerung des Vereinigten Königreiches von Großbritannien sowie von dessen ehemaligen Kolonien, deren Staatsoberhaupt die Queen war, um ihre langjährige Herrscherin, sondern scheinbar auch Europa und die ganze Welt mit ihnen. Obwohl Österreich wie viele andere europäische Länder offiziell stolz darauf ist die Monarchie vor etwas mehr als 100 Jahren abgeschafft zu haben, sind Berichte über Geburten, Hochzeiten oder eben auch Todesfällen in Kreisen des Hochadels eine willkommene Bereicherung der Medienberichterstattung und nicht wenige Menschen fühlen sich scheinbar persönlich betroffen. Daran hat auch die Tatsache, dass Großbritannien durch den Brexit Europa den Rücken zugekehrt und dafür seine wirtschaftlichen und politischen Beziehungen über den großen Teich noch weiter ausgebaut hat, nichts geändert.

Wie es in England bzw. dem UK weitergeht ist bekannt. Ihr Sohn, der noch heuer – in etwa zwei Monaten – 74 Jahre alt wird, folgt der Queen nach sehr langer Anwartschaftszeit als König Charles III. auf den Thron. Anders als von manchen Boulevardmedien schon vor längerer Zeit spekuliert wurde, verzichtet er nicht zugunsten seines Sohnes Prinz William auf die Krone, sondern folgt dem Beispiel seiner Mutter insofern, dass er trotz fortgeschrittenen Alters die Bürde des Amtes auf sich nimmt, anstatt sich bequem auf einem seiner Schlösser zur Ruhe zu setzen und ausschließlich der biologischen Landwirtschaft zu widmen.

Die 'Thronfolge' in Österreich ist hingegen – zumindest formal – noch völlig offen. Um das Amt des Bundespräsidenten bewerben sich heuer erstmals gleich sieben Kandidaten. Der Aussichtsreichste von ihnen dürfte (leider) nach den Erfahrungen der Vergangenheit wohl der derzeitige, ex(?)-grüne Amtsinhaber sein, da der 'Titelverteidiger' bisher immer als Sieger vom – oder besser gesagt zum – (Ballhaus)Platz ging. Ich frage mich, warum sich ein 78-jähriger emeritierter Universitätsprofessor eine nochmalige Kandidatur überhaupt antut und würde mir wünschen, wenn es zur Stichwahl mit einem jüngeren Mitbewerber kommt, wobei es aber sehr fraglich ist, ob aus der Vielfalt der Gegenkandidaten überhaupt der 'Richtige' den Einzug in die zweite Runde schafft. Ich bezweifle, dass es sinnvoll ist, wenn unser Land, so wie viele andere Teile der Welt, von alten weißen Männern regiert wird bzw. diese zumindest als gewählte Repräsentanten an der Spitze des Staates stehen. Kaiser Franz Joseph wird von zeitgenössischen Historikern immer wieder vorgeworfen, dass er nicht rechtzeitig zugunsten seines Neffen Franz Ferdinand abgedankt hat, sondern – wie die Queen – seinen Pflichten bis zum letzten Atemzug nachgekommen ist. Aber in vielen mehr oder weniger demokratischen Ländern schaut es heutzutage nicht anders aus. In den USA folgte der beinahe 80-jährige Biden auf den jetzt 76-jährigen Trump, der türkische 'Sultan' ist immerhin auch schon 68 Jahre alt und von Russland aus terrorisiert ein 69-jähriger 'Zar' seine Nachbarn und die Welt.

Die Bezeichnung 'alte weiße Männer', die gerne von politisch (über)korrekten, meist farbigen oder sonst irgendwie einer vermeintlichen Minderheit angehörigen Frauen verwendet wird, empfinde ich im Allgemeinen übrigens als diskriminierend. Aber als weiß(haarig)er Pensionist habe ich zur Kenntnis genommen, dass man ruhig mit Steinen werfen darf, solange man selbst im Glashaus sitzt. Eine gewisse Berechtigung hat diese Bezeichnung höchstens für die Oberhäupter der römisch-katholischen Kirche im Vatikan, welche sich nicht nur durch ihre Haarfarbe, sondern insbesondere durch ihre weiße Soutane auszeichnen. Papst Franziskus wird heuer 86 Jahre und sein emeritierter Vorgänger Benedikt XVI. hat sogar schon sein 95. Lebensjahr vollendet. Aber in kirchlichen Kreisen wird ja das Alter, wie das in vielen Kulturen schon vor Urzeiten üblich war, meist auch mit einer gewissen Weisheit in Verbindung gebracht.

So gesehen befindet sich unsere Carolina in bester Gesellschaft, da der Philistersenior zwar fast zwei Jahre jünger als König Charles ist, aber sein Alter auch mit der Zahl '7' beginnt. Tegetthoff muss dagegen froh sein, dass einem 'Jüngling' von nicht einmal 60 Jahren als Philistersenior, demnächst wenigstens zwei Chargen zur Seite stehen, die den 70er überschritten haben.

Text: DDr.cer. Raffael
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zuletzt geändert: 15.09.2022 um 14.38 Uhr