Nummer 6/2022
Leberkäs'

'Stellt's meine Ross' in Stall …' lautet der Text eines alten Wiener Fuhrmannsliedes. Und wenn die Fiakerpferde irgendwann ausgedient hatten, brachte man sie zum 'Gigerer', wo sie zu Leberkäse verarbeitet wurden.


Pferde wurden schon vor sehr langer Zeit domestiziert und von den Menschen aufgrund ihrer Kraft und Schnelligkeit als Lasttier und 'Fortbewegungsmittel' genutzt. Bei kriegerischen Auseinandersetzungen waren berittene Kämpfer und Soldaten in Streitwägen den Fußsoldaten deutlich überlegen. Vornehme Herrschaften – insbesondere Damen, die sich das leisten konnten – verreisten in eigenen Kutschen, wie einige besonders prächtige Exemplare, die man z.B. in der Kaiserlichen Wagenburg in Schloss Schönbrunn besichtigen kann, belegen. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden Lohnkutschen als 'Taxi' für eine breitere Bevölkerungsschicht zugänglich. In Paris hatten diese Droschken ihren Standplatz in der Straße des heiligen Fiacrius, wovon sich der in Österreich und Bayern gebräuchliche Begriff 'Fiaker' für Lohnkutscher ableitet. Um 1900 soll es in Wien rund 1.000 registrierte Fiaker-Kutscher – und natürlich noch wesentlich mehr zugehörige Pferde – gegeben haben. Erst durch die Verbreitung des Automobils – von dem Kaiser Wilhelm II. gesagt haben soll 'Ich glaube an das Pferd. Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung.' – sowie der elektrischen Straßenbahnen anstelle der Pferde-Tramway wurden die Fiaker sukzessive als alltägliches Verkehrsmittel verdrängt und sind heute nur noch als Touristenattraktion im Einsatz.

In Wien machen sich Tierschützer schon seit einigen Jahren Sorgen um die Fiakerpferde und fordern unter anderem, dass diese ab 30 Grad hitzefrei bekommen sollen. Obwohl ich dem Tierschutz grundsätzlich zugetan bin, halte ich diese Forderung für unsachlich. Unsere Pferde sind meines Wissens als Nachfahren von wildlebenden Steppentiere derartige Temperaturen durchaus gewohnt, wie z.B. die verwilderten Mustangs am amerikanischen Kontinent beweisen, von deren gestreiften Verwandte in Afrika, welche noch ganz andere Temperaturen ertragen müssen, ganz zu schweigen. Dennoch will der neue grüne Gesundheits- und Tierschutzminister die Fiaker in der Stadt gänzlich verbieten. Sollte er nicht zuerst an die Menschen denken? Wär es nicht wichtiger, dass alle Fahrrad-Boten bei höheren Temperaturen hitzefrei bekommen und sich deren Kunden mit gesunden Snacks aus dem eigenen Kühlschrank ernähren, anstatt sich auch bei Rekordtemperaturen Pizza, Schnitzel und Co(la) per Fahrrad liefern zu lassen? Und wenn Pferde geschützt werden, dann sollte das wenigstens konsequent umgesetzt werden. Schließlich ist auch die Nutzung als Reittier nicht artgerecht, schon gar nicht, wenn diese Tätigkeit nur in Innenstadt-Palais ausgeübt wird. Also müsste die Hofreitschule geschlossen und alle Lipizzaner müssten zurück nach Piber, wenn schon nicht nach Lipica, gebracht werden, wo sie fortan nur mehr für die Produktion von Leberkäse (vielleicht zur Vermarktung als Spezial-Leberkäs-Semmerl unter der Marke 'Original K.u.k. Habs-Burger'?) gezüchtet werden.

Auch bei anderen Umweltschutzthemen vermisse ich die notwendige Konsequenz und ein vernünftiges Augenmaß. Auf Druck der Umweltaktivisten sowie einschlägiger Lobbyisten soll der Straßen- und Güterverkehr mit Verbrennungsmotoren bekanntlich möglichst zeitnah eingeschränkt bzw. verboten werden. Dass die aktuell angebotenen Elektrofahrzeuge die Umwelt bei der Produktion massiv belasten und die Entsorgung des in Zukunft massenhaft anfallenden Sondermülls in Form von Autobatterien noch nicht gelöst ist, wird dabei verdrängt. Ebenso die Frage, wo der viele zusätzliche grüne Strom herkommen soll, wo derzeit viele Kraftwerke noch immer mit Erdgas oder mancherorts gar mit Kohle betrieben werden müssen. Immerhin hat man in der EU zumindest erkannt, dass Atomstrom auch keine umweltfreundliche Alternative ist, zumal die Reaktoren bei steigender Erderwärmung gar nicht mehr ausreichend gekühlt werden können, wie die aktuelle Hitzewelle in Frankreich gezeigt hat. Doch zurück zu den fossilen Brennstoffen. Wie schon im Artikel 'Verkehrt-Politik' im Blech-Boten 4/2022 erwähnt, gehören Kreuzfahrtschiffe und Flugzeuge zu den großen Umweltverschmutzern. Unlängst habe ich im Zusammenhang mit dem stark gestiegenen Kerosinpreisen gelesen, welche enormen Auswirkungen das transportiere Gewicht auf den Treibstoffverbrauch der Flieger haben soll. Angeblich verursacht eine einzige überzählige Getränkedose aufs Jahr hochgerechnet einen Mehrverbrauch von mehreren hundert Litern Kerosin! Wäre es da nicht höchst an der Zeit (wenn auch wenig erfreulich) Vergnügungsreisen drastisch einzuschränken? Noch entbehrlicher als ein erholsamer Urlaub in der Ferne sind meines Erachtens aber Motorsport-Events aller Art. Sollte man nicht dem Bullen die Flügel stutzen, indem man Autorennen und dergleichen in Österreich gänzlich verbietet? Das müsste wegen der Vorbildwirkung selbstverständlich auch für TV-Übertragungen von ausländischen Rennen gelten, wobei ich leider nicht weiß, ob bzw. wie man das Umschalten auf ausländische TV-Kanäle verhindern kann. Natürlich ist mir bewusst, dass Österreich als kleines Land die massiven Umweltsünden anderer Staaten in keiner Weise ausgleichen oder gar verhindern kann, aber schließlich predigt man uns ja auch sonst immer, dass man bei sich selbst im kleinen beginnen muss, oder?

So oder so sind die Zukunftsaussichten alles andere als rosig. Entweder die Umwelt wird weiterhin rasant zerstört oder die Einschränkungen ruinieren die (Tourismus)Wirtschaft, wodurch – stark vereinfacht gesagt – die Arbeitslosigkeit steigt und der Wohlstand sinkt. Aber zum Glück haben wir ja einen Staat, der mit seinen Entlastungspaketen dafür sorgt, dass alle – egal ob sie arbeiten (wollen) oder nicht – in Zukunft angeblich mehr Geld bekommen. Fragt sich nur, wie lange diese Politik in Österreich sowie in der ganzen EU noch gut geht und wir uns wenigstens noch ein Leberkäs-Semmerl leisten können …

Text und Bild: DDr.cer. Raffael
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
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zuletzt geändert: 21.06.2022 um 23.17 Uhr