Nummer 1/2022 | ||
Streifschüsse
Manche Angelegenheiten werden in der öffentlichen Diskussion immer wieder – teils in jährlichen Abständen – breitgetreten. Daher sei es auch uns erlaubt nochmals Themen kurz aufzugreifen, zu denen wir bereits Beiträge veröffentlicht haben. |
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Alle Neune!
Seit Jahresbeginn wirbt Niederösterreich in verschiedensten Medien mit seinem 100-jährigen Bestehen. Das ist ein wenig verwunderlich, da bereits bevor die Habsburger an die Macht kamen Ottokar II. Premysl Ende des 13. Jahrhunderts eine administrative Trennung des Österreichischen Kernlandes 'Unter der Enns' von jenem 'Ober der Enns' vorgenommen und gesonderte Verwaltungseinheiten geschaffen hat. Die niederösterreichischen Stände kauften Anfang des 16. Jahrhunderts ein Palais in der Herrengasse, welches zum NÖ Landhaus umgestaltet wurde. Nach verschiedenen politischen Wirren, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen, zog dort 1861 der erste gewählte Landtag von Niederösterreich ein, wo er bis zur Übersiedlung nach St. Pölten im Jahr 1997 auch blieb. Wie kommt es dann zu diesem angeblichen Jubiläum im Jahr 2022? Mit dem Ende des ersten Weltkrieges im Jahr 1918 wurde bekanntlich der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn, der nostalgisch gerne als Alt-Österreich bezeichnet wird, zerschlagen und 'was blieb' war die neue Republik Österreich. Diese bestand damals aber streng genommen nur aus sieben Bundesländern, welche aus ehemaligen Erzherzogtümern wie z.B. Österreich unter der Enns (also Niederösterreich), Herzogtümern wie die Steiermark oder (das frühere Erzbistum) Salzburg und Grafschaften wie Tirol entstanden sind. Das Burgenland kam – wie im Blech-Boten 9/2021 im Beitrag '100 Jahre Burgenland' berichtet – erst 1921 zu Österreich und war in der ersten Bundesverfassung vom 1.10.1920 daher noch nicht enthalten. Dennoch gab es bereits in dieser Verfassung, welche am 10.11.1920 in Kraft trat, bereits acht Bundesländer, da Wien – das bis dahin ein Teil von Niederösterreich war – formal die Rechte eines unabhängigen Bundeslandes eingeräumt wurden. Die eigentumsrechtlichen Details mussten jedoch erst im Lauf des Jahres 1921 in einem eigenen Trennungsgesetz geregelt werden, weshalb die Stadt Wien praktisch erst mit 1.1.1922 zu einem selbständigen Bundesland wurde, womit dann alle neun heutigen Bundesländer komplett waren. So gesehen ist das Bundesland Wien (und nicht Niederösterreich) heuer erst 100 Jahre alt – aber das wurde bereits 2020 gefeiert, wie schon im Blech-Boten 9/2020 berichtet wurde. Schwarz-Malerei Es ist schon unglaublich wie schnell sich die Zeiten und damit die Werte in den letzten Jahrzehnten gewandelt haben. Noch vor nicht allzu langer Zeit waren die Priester bei uns überwiegend weiß (wenngleich zunehmend nicht mehr deutscher, sondern z.B. spanischer oder polnischer Muttersprache) und zum Brauchtum nach Weihnachten gehörte, dass sich die Ministranten und Jungscharkinder verkleidet als Heilige drei Könige auf den Weg durch das jeweilige Pfarrgebiet machten, wobei üblicherweise einer der Buben schwarz bemalt wurde, um den Vertreter der Weisen aus dem Kontinent Afrika zu symbolisieren. Seit einiger Zeit nimmt die Anzahl der Geistlichen aus der 'dritten Welt' in Österreich zu, da das Christentum in manchen Regionen einen wesentlich höheren Stellenwert hat, als in Europa. Im Pfarrgebiet unserer Verbindungen gab und gibt es mehrere dunkelhäutige Kapläne und u.a. wird ein Pfarrverband im Süden von Favoriten von einem gebürtigen Afrikaner geleitet, der korporiert ist und von einer Kartellschwester daher einmal scherzhaft als 'einziger wirklich schwarzer CV-er' bezeichnet wurde. Als Couleurnamen trägt er übrigens den eines der drei Heiligen Könige. Diese werden heutzutage oft von Mädchen dargestellt (wogegen ich nichts einzuwenden habe) und viele Gruppen verzichten in den letzten Jahren zunehmend darauf eines der Kinder dunkel zu schminken. Die Darstellung des Mohren scheint aus der Mode gekommen zu sein, weil 'blackfacing' angeblich rassistisch ist, was ich in diesem Zusammenhang merkwürdig finde. Umso mehr war ich überrascht, dass der sonst so sehr auf political correctness bedachte ORF in seinem Silvesterprogramm eine Promienten-Playbackshow aus dem Jahr 1999 zeigte, in welcher ein beliebter österreichischer Kabarettist und Fernsehmoderator (nein, nicht Heinz Conrads – aber der Name der Sendung ist derselbe) mit dunkel geschminkten Gesicht als Sammy Davis Jr. auftrat. Aber wahrscheinlich hat man damit gerechnet, dass nach Mitternacht ohnedies niemand mehr nüchtern genug ist, um diesen Fauxpas zu bemerken … Ein Kätzchen und ein (bzw. viele) Kater … Laut einer Berechnung des Kurier auf Basis der Konzernberichte des Vorjahres verdienen die Top-Manager der 20 ATX-Unternehmen durchschnittlich mit fast 2,1 Millionen Euro pro Jahr einen Batzen Geld und damit rund 60-mal so viel wie ihre Mitarbeiter, die sich mit 'ein paar Hellern' begnügen müssen. Analog zu den britischen Vorbildern werden diese Spitzenverdiener daher als 'Fat Cat' bezeichnet. Bildbearbeitung: Raffael Mit Garfield hat das allerdings nichts zu tun, da die Manager im Unterschied zu diesem Kater nicht auf der faulen Haut liegen, sondern in etwa doppelt so viele Arbeitsstunden leisten wie ein normaler Arbeitnehmer. Ob das die hohen Gehälter rechtfertigt sei dahingestellt. Bedenklich finde ich allerdings, dass sich unter den ATX-Unternehmen einige staatsnahe Betriebe befinden, deren teure Dienstnehmer im Zuge der Privatisierung auf Kosten der Allgemeinheit auf ein berufliches Abstellgleis verschoben wurden oder denen die Post AG gleich einen Frühpensionsbescheid gebracht hat. Besonders unverständlich ist, dass ausgerechnet der Vorstandsvorsitzende jener Gewerkschaftsbank, die mit Steuergeldern vor einigen Jahren vor dem Konkurs gerettet wurde, mit mehr als 5 Millionen der primus inter pares ist. Weniger überraschend ist, dass sich unter den Top-Manager:innen nur eine Frau befindet und daran wird sich wohl auch nicht so schnell etwas ändern, auch wenn – wie einige Seiten weiter zu lesen war – nicht nur bei den Philharmonikern und in der Spanischen Hofreitschule, sondern auch bei den Wiener Sängerknaben und beim Wiener Männer-Gesangsverein mittlerweile Mädchen bzw. Frauen aufgenommen werden ... | ||
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