Nummer 9/2021
100 Jahre Burgenland

Nach drei Semestern, in denen 9 von 10 geplanten Vorträgen abgesagt werden mussten, konnte am Donnerstag, den 7. Oktober 2021 endlich wieder ein Wissenschaftlicher Abend abgehalten werden, bei dem der hohe Philistersenior Tegetthoffs einer relativ kleinen, aber sehr interessierten Zuhörerschaft aus Anlass des Jubiläums von der Landnahme des Burgenlands berichtete.
Im Zusammenhang mit dem Ende des 1. Weltkriegs und der Errichtung der Republik Österreich feiern wir heuer 100 Jahre Burgenland bei Österreich. Vielen sind die näheren Umstände dazu ebenso wenig bekannt, wie auch die Namensgebung dieses Gebiets.

Durch den Friedensvertrag von St. Germain vom 10. September 1919 wurden der jungen Republik Österreich deutschsprachige Gebiete Westungarns zugesprochen. Konkret handelte es sich dabei um Gebietsteile der Komitate Wieselburg (Moson), Ödenburg (Sopron) und Eisenburg (Vas). Mit dem folgenden Vertrag von Trianon vom 4. Juni 1920 verlor Ungarn 2/3 seines Staatsgebietes an die Tschechoslowakei, Rumänien, Königreich SHS (Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen; ab 1929 Königreich Jugoslawien), Italien und Österreich. Beachtenswert ist dabei der Umstand, dass die neue Republik Österreich neben den sudetendeutschen Gebieten zwar Südtirol und Teile Kärntens und der Steiermark verlor, aber auf Kosten von Ungarn einen durchaus großen Gebietszuwachs erhielt.


Bild: Wikipedia

Aufgrund des Namens der drei ungarischen Komitate wurde das Gebiet kurzzeitig als Dreiburgenland bezeichnet, der Name setzte sich aber nicht durch. Das Bundesverfassungsgesetz vom 25. Jänner 1921 verwendet bereits den Namen BURGENLAND, der dadurch amtlich und auch überall gebräuchlich wurde. Interessant gestaltete sich die Frage nach der Landeshauptstadt. Bad Sauerbrunn war in den Jahren 1921 bis 1925 Landeshauptstadt, danach Eisenstadt. Aus Platzgründen tagte aber der Landtag von 1921 bis 1930 in der Eisenstädter Schul-Kaserne, die seit 1967 die Bezeichnung Martin-Kaserne führt.

Die 1. Landnahme des Burgenlandes erfolgte vom 28. August bis 8. September 1921. In dieser Zeit erfolgte die von der Entente angeordnete Übernahme des Landes durch zivile Kräfte der Bundesgendarmerie und der Zollwache. Diese Landnahme wurde aber von ungarischen Freischärlern erfolgreich verhindert. Das offizielle Ungarn konnte und wollte die vertraglich geforderte Gebietsübergabe an Österreich nicht durchführen. Der Einsatz von freiwilligen irregulären Kräften kam der ungarischen Regierung daher sehr gelegen. Auf Grund des Widerstandes zogen sich die eingesetzten zivilen Kräfte Österreichs auf das Staatsgebiet zurück. Im Zuge dessen kam es am 5. September 1921 zu einem Angriff ungarischer Freischärler auf Kirchschlag in Niederösterreich. Teile des dort eingesetzten österreichischen Bundesheeres wehrten den Angriff entschlossen und mit starken Verlusten ab.

In der nun folgenden Zeitspanne vom 09. September bis 12. November 1921 waren keine staatlichen Autoritäten, weder von der Republik Österreich noch vom Königreich Ungarn im Burgenland vorhanden. Der Freischarführer Pál Prónay rief am 4. Oktober 1921 in Fels??r/Oberwart die Republik Lajtabánság (Leithabanat oder Leitha-Banschaft) aus. Neben der Einführung eines Staatswappen und einer Fahne wurden sogar Briefmarken ausgeben. Auf Vermittlung Italiens wurden am 13. Oktober 1921 die Venediger Protokolle von Österreich und Ungarn unterschrieben. Ungarn verpflichtet sich innerhalb von 3 Wochen das Burgenland an Österreich zu übergeben. Österreich willigte in eine Volksabstimmung in Ödenburg (Sopron) ein. Dadurch konnte nun mit Zustimmung der interalliierten Kommission ohne Widerstand die 2. Landnahme des Burgenlandes im Zeitraum vom 13. bis 30. November 1921 mit militärischen Kräften durch das Bundesheer durchgeführt werden. In weiterer Folge hat Ungarn das Gebiet des heutigen Burgenlandes am 5. Dezember 1921 an Österreich übergeben. Die Volkabstimmung wurde am 14. Dezember in Ödenburg und 16. Dezember in den umliegenden Gemeinden durchgeführt. Die Bevölkerung sprach sich mit 65,1 % für Ungarn aus.

An die Landnahme des Burgenlandes erinnern in einige wenige Denkmäler, die vielen Menschen wohl kaum bekannt sind:

  • BURGENLAND: Eisenstadt/MARTIN-Kaserne; Landespolizeidirektion Eisenstadt; Eisenstadt; St. Michael; Apetlon; Burgauberg.
  • WIEN: Amtsgebäude Vorgartenstrasse (bis 1991 war die Bezeichnung dieser militärischen Anlage ALBRECHT-Kaserne).
  • NIEDERÖSTERREICH: Truppenübungsplatz Bruckneudorf; Landespolizeidirektion St. Pölten; Kirchschlag; Cholerakreuz bei Kirchschlag; Pingau.
  • STEIERMARK: Sinnersdorf.

Text: Lucullus, TEW-Phil-x
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 28.11.2021 um 18.42 Uhr