Nummer 5/2021
Beginn und Ende des menschlichen Lebens

Kein Jux! Was ist menschliches Leben? Wann beginnt und endet es aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und religiöser Sicht?
Was ist Leben? Ich weiß es nicht, obschon ich Biologie studierte. Ich studierte Fächer wie Morphologie, Anatomie, Physiologie, Genetik, Ökologie usw., aber die sokratische WAS - Frage: 'Was ist Leben' konnte damit nicht beantwortet werden. Lediglich konnten Kennzeichen des Lebens definiert werden: Stoffwechsel, Bewegung, Reizbarkeit, Wachstum sowie Fortpflanzung. Da ein Virus sich nicht fortpflanzen kann wird er nicht als Lebewesen geführt.
Die Feststellung nach Beginn und Ende des menschlichen Lebens ist eine Frage nach Identität: von wann an bis wann ist der Mensch Mensch. Diese Frage ist nicht bloß naturwissenschaftlich zu beantworten, sondern sie verdient ethisch beziehungsweise religiös behandelt zu werden. Die strafgesetzliche Regelung der Abtreibung und die Euthanasie oder Sterbehilfe werden heute heftig diskutiert. Dass der menschliche Fötus nicht bloß ein Teil des mütterlichen Organismus, sondern eigenständiges Leben ist steht meist außer Streit. Lediglich Vertreter von Vulgär-Ideologien schreiben auf ihren Transparenten: 'Mein Bauch gehört mir!' und dies, obwohl man weiß, dass ein Embryo sterben kann, während die Mutter weiterlebt, oder umgekehrt. Beide Organismen haben ihre eigene Lebens- und Sterbemöglichkeit, wie auch eigene Erkrankungsmöglichkeit.
Über die Eigenständigkeit des werdenden Lebens ist man sich meistens einig. Aber über deren Beginn herrscht Dissens in der Frage, ob der Beginn der biologischen Eigenständigkeit ident sei mit dem Beginn menschlichen Lebens. Besonders bei Proponenten der Fristenlösung wird von einem 'ungeformten Keim' oder, noch schlimmer, von einem 'Zellhaufen' gesprochen. Es ist schwer nachvollziehbar, dass fanatisierte Naturschützer den Krötenlaich eines Tümpels unter Schutz stellen wollen, aber andererseits ebenso engagiert lautstark bei Demonstration für die Abtreibung eintreten. Die Frage wann des Beginns des menschlichen Lebens wird durch die katholische Moraltheologie beantwortet; der Beginn wird mit der Befruchtung festgesetzt. Dies war jedoch nicht immer so. Die Scholastik vertrat eine Beseelungstheorie. Innerhalb des biologischen Entstehungsprozesses wurde noch ein besonderer Zeitpunkt festgesetzt, von dem an ein Embryo als beseelt galt. Die Termine unterschieden sich nach dem Geschlecht der Leibesfrucht. Ein männlicher Fötus galt mit vierzig Tagen als beseelt; ein weiblicher benötigte dazu achtzig Tage.
Dieselbe Frage – nämlich die Unterscheidung zwischen bloß biologischem und menschlichem Leben – stellt sich erneut bei der Betrachtung des Lebensendes. Die derzeitige Medizin ist in der Lage durch Reanimationsmethoden, Organ und Kreislauffunktionen auch nach dem irreversiblen Gehirntod aufrechtzuerhalten. Damit beginnt der Leichenstatus des Leibes, der es rechtlich ermöglicht Organe für Transplantationszwecke zu entnehmen. Ab den Gehirntod wäre der Abbruch aller Funktionshilfen erlaubt aber es ist auch möglich diese weiter anzuwenden, um den Körper in einem Zustand zu erhalten, der Idealbedingungen für Organ- und Gewebsentnahmen darstellt. Nach älterer Todesdefinition wäre dies ein strafrechtlicher Tatbestand. Man müsste vollständig Menschen sterben lassen, bis zum Stillstand jeder organischen Funktion.
Heute wird besonders das Recht des Menschen zu sterben thematisiert. In der Diskussion wird meist die Situation von todkranken Menschen aufgezeigt, die passiv den todverzögernden Techniken der modernen Medizin ausgesetzt sind. Hier könnte eine Patientenverfügung Abhilfe schaffen. Sollte ein informierter, todgeweihter Patient sich gegen eine Verlängerung dieses Zustandes entschließen, so soll man den Dingen ihren Lauf lassen, um sein Recht zu sterben zu respektieren. Dann ergibt sich ein weiteres Problem, denn die Entscheidung gegen eine Verlängerung des Lebens inkludiert auch die Entscheidung des Patienten sich weiteres Leiden zu ersparen. Dies kann entweder durch Minimierung der Schmerzen, durch wirksame Medikamente, oder aber durch Beschleunigung des Endes erfolgen. Hier ist besonders anzumerken, dass bei der beabsichtigten Schmerzbekämpfung als Nebenwirkung auch ein vorzeitiges Sterben in Kauf genommen wird. Oft berichten Palliativmediziner wird durch Schmerzminderung die Lebensqualität der Patienten verbessert und das Eintreten des Todes sogar verzögert.
Anders verhält es sich, was die direkte absichtliche Beschleunigung des Endes betrifft. Vom Arzt kann weder verlangt werden, dass er positive Maßnahmen zu diesem Zweck setzt, ferner darf auch ein Wegsehen nicht erfolgen, wenn jemand den Patienten ein solches Mittel beschaffen möchte. Grundsätzlich darf sich ein Arzt niemals in die Rolle eines Todbringers begeben.
Zurzeit steht die Beihilfe zum Selbstmord, wie sie schon in manchen Ländern erlaubt ist, zur Diskussion. Dabei wird von deren Vertretern die moralische Relevanz des Unterschiedes von Tun und Geschehenlassen infrage gestellt. Dabei wird die Frage des Wollens nicht berücksichtigt, denn zu wollen, dass ein moribunder Mensch von Schmerzen befreit wird, selbst wenn dies den Todeseintritt beschleunigen sollte, unterscheidet sich grundsätzlich von einer ärztlichen Tötung, sogar auf Verlangen des Patienten, die zwar auch Schmerzfreiheit bezweckt. Auch wären bei einer aktiven Sterbehilfe noch die Probleme des Missbrauchs, des Irrtums (bei der Diagnose) und des 'Dammbruchs' anzuführen.
Wie gehe ich als gläubiger Mensch damit um? Zunächst glaube ich, dass mir der Schöpfer mein Leben in die Hände meiner Verantwortung gelegt hat. Ich besuche meistens Gottesdienste im byzantinischen Ritus. Am Ende der Ektenien (Bittgebeten, Litaneien) wird Folgendes gebetet:
Priester: 'Unserer allheiligen, allreinen, hochgelobten und ruhmreichen Herrin, der Gottesgebärerin und immerwährenden Jungfrau Maria mit allen Heiligen gedenkend, wollen wir uns selbst und einander und unser ganzes Leben Christus, unseren Gott, überliefern.'
Gläubige: 'Dir, o Herr.'
Ich glaube mein Leben ist in guten Händen!
Euer Jux!

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blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 06.06.2021 um 22.35 Uhr