Nummer 3/2021 |
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Cholera und Verschwörungstheorien
Kein Jux! Einem Bundesbruder Tegetthoffs sind als 'Beifang' seiner wissenschaftlichen Recherchen in Zeitungsarchiven Informationen über Cholera und
Verschwörungstheorien 'ins Netz gegangen', die er uns freundlicherweise zur Veröffentlichung in unserem medialen Netz überlassen hat. |
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Pandemien sind nichts Neues. Im Jahre 1893 drohte eine Cholera- Epidemie, welche von den Behörden vorbeugende Maßnahmen erforderten. Über die
Reaktionen der Bevölkerung informiert ein k.k. Bezirksarzt Dr. Kavalier in einem Zeitungsartikel. In diesem beschreibt der Mediziner die negativen abwehrenden Reaktionen auf
Vorkehrungen in Böhmen, welche aufgrund eines Ausbruchs der Cholera im Kaukasus und in Russland getroffen wurden. Die erforderlichen Anordnungen, im Bereich der Trinkwasserversorgung
und der Überprüfung und Herstellung günstiger sanitärer Verhältnisse, erregten den Zorn der Bevölkerung. 'Welche Hindernisse hatten wir hier zu überwinden! Das Volk bereitete Heugabeln und Mistgabeln vor, mit der Drohung, daß, wenn ein Arzt in Angelegenheit der Cholera kommen sollte, sie ihn durchbohren würden. In einem Dorf wurde sogar ein solcher Widerstand organisirt, daß die Bewohner vereinbarten, mit der Glocke Sturm zu läuten und sich Demjenigen zu widersetzen, der da im Orte erscheinen sollte.' In Zeiten einer drohenden Katastrophe entstehen Verschwörungstheorien, welche besonders bei bildungsfernen (aber nicht nur!) Schichten Zustimmung finden. Täter oder Tätergruppen werden meistens unter den Eliten verortet. Die Existenz einer Gefahr wird geleugnet oder im Bereich von gezielt verbreiteten Falschmeldungen, neusprachlich Fakes, vermutet. Dazu der Bezirksarzt: 'Und warum handelt das Volk so unsinnig? Darum, weil es der Ansicht ist, daß es überhaupt keine Cholera – Krankheit gibt, daß vielmehr die Aerzte oder auch die Beamten und alle 'Herren' im Allgemeinen die Cholera durch ein Pulver verbreiten, welches sie in die Brunnen werfen zu dem Zwecke, damit die armen Leute sterben ec. Hauptsächlich seien es die Aerzte, von welchen die armen Leute vergiftet werden sollen, die Aerzte seien die Giftmischer.' Vermutlich versuchten Ärzte die Brunnen zu desinfizieren. Das Pulver dürfte Chlorkalk gewesen sein. Es sollte noch ärger kommen, selbst der Kaiser wurde in den Täterkreis einbezogen: 'Selbst in der Kreisstadt Pisek verbreitete sich das Gerücht, daß der Herr Bürgermeister vom Kaiser einen Brief erhalten habe, er möge so und so viel Hundert armer Leute mit Hilfe der Aerzte zu vernichten suchen.' Soweit der Bericht aus dem Jahre 1893. Nun zur immer wieder gestellten Frage, ob man aus der Geschichte etwa lernen könne. Sie wäre nur dann eindeutig zu bejahen, wenn man im Verlauf der Geschichte Gesetzmäßigkeiten finden könnte. Lediglich Marxisten finden in ihr solchen. Sie kennen nur eine Wissenschaft an – die Geschichte, welche sie als Geschichte der Natur und Geschichte der Menschheit verstehen. Ersterer unterstellen sie die Gesetzte des Dialektischen Materialismus (Diamat). In der Menschheitsgeschichte, definiert als Geschichte der Klassenkämpfe finden sie Gesetze, die sie als Historischen Materialismus (Histomat) bezeichnen. Hier erkennen sie eine wissenschaftliche Abfolge von Gesellschaftsformen, welche somit zwangsläufig im Kommunismus ihr Ende finden müssen. Die Unmöglichkeit aus der Geschichte lernen zu können ist dadurch für Nichtmarxisten gegeben. Somit auch für mich. Allerdings muss ich mit einem Widerspruch leben. Das menschliche Verhalten - als Individuum, in der Gruppe und in der Masse – hat sich im Laufe der Menschheitsgeschichte nicht verändert. Die Zeit von der Anthropogenese bis heute ist für eine erkennbare evolutionäre Entwicklung zu kurz. Somit ist menschliches Verhalten berechenbar. Der Mensch ist somit in der Geschichte als Konstante zu betrachten. Text: Jux Alle Zitate aus: Dr. Bloch`s oesterreichischen Wochenschrift. 28. September 1900. S.702. (Anm. d. Red.: Wie üblich, werden die Zitaten in der damaligen Rechtschreibung wiedergegeben.) |
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