Seilschaften und Landesväter Studentenverbindungen und andere (vorwiegend Männer-)Bünde werden oft auch als Seilschaften bezeichnet und es wird ihnen unterstellt, dass sich deren Mitglieder gegenseitig begünstigen. Eine ganz andere Form der 'Seilschaft' war heuer bei unseren Landesvaterkneipen zu beobachten. |
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Es gibt viele Arten von Vereinen und Organisationen die neben ihrem eigentlichen Hauptzweck auch dazu dienen, Menschen kennen zu lernen und
Kontakte zu knüpfen. Diese Art des Netzwerkens ist weder aus der Politik, noch aus der Wirtschaft wegzudenken. Und obwohl es derartige Praktiken in allen politischen Lagern und
unabhängig vom Geschlecht gibt, werden sehr häufig nur die eher konservativen Vereinigungen von Männern, wie z.B. der ÖCV, als Seilschaften abgestempelt und als Freunderlwirtschaft
ebrandmarkt. Spätestens seit die Politik bunter geworden ist, weiß man aber, dass es bei allen Couleurs so zugeht, wie bisweilen speziell den Couleurträgern unterstellt wird.
Landsmannschaften waren da aber immer schon ein wenig anders. Aufgrund der relativ geringen Größe des Bundes und der einzelnen Verbindungen war bzw. ist in der Regel die Ideologie
und nicht das Netzwerken das Hauptmotiv für die Mitgliedschaft in einer unserer Korporationen. Zu den typischen Ritualen, mit denen alljährlich die Lebensfreundschaft der Couleurstudenten bekräftigt wird, zählt die Landesvaterkneipe. Tegetthoff hatte diesmal besonderes Glück: Dank der 4. Novelle zur COVID-19-Lockerungsverordnung konnte die Landesvaterkneipe wie geplant Mitte Juni abgehalten werden. Jedoch wurde aus Rücksicht auf die Gesundheit der Bundesbrüder darauf geachtet die Abstandsregeln und alle andere Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten. Daher musste der Comment ein wenig angepasst werden. Die Teilnehmer saßen einander nicht direkt gegenüber, sondern versetzt und ließen dazwischen immer einen Platz für den allgegenwärtigen Babyelefanten frei. Es wurden nur drei Lieder gesungen und bei der eigentlichen Landesvater-Zeremonie wurde auf das Wiederholen der Strophen beim Stechen des Landesvaters verzichtet. Stattdessen gingen die Chargierten mit den Schlägern schweigend herum, um die Deckel der Anwesenden aufzuspießen. Und danach wurde anstelle des wiederholten Händeschüttelns von allen Bundesbrüdern gleichzeitig ein auf dem Tisch liegendes Seil ergriffen und während des Absingens der 10. Strophe festgehalten. Carolina war terminlich weniger begünstigt, da zum traditionellen Termin Ende April an das Aufsperren der Bude noch nicht zu denken war. Daher wurde der Landesvater nach Bekanntwerden der Lockerungen um zwei Monate verschoben und erst Ende Juni, anstelle der Semesterschluss-Kneipe, nachgeholt. Trotz der mittlerweile 5. Novelle der LVO wurden im Wesentlichen ähnliche Vorsichtsmaßnahmen wie bei Tegetthoff angewandt. Aber die Schläger wurden diesmal von den Chargierten wie üblich aus der Hand gegeben, damit alle Bundesbrüder selbst stechen konnten. Auch wenn der Comment heuer Corona-bedingt etwas angepasst werden musste, tat das der Stimmung keinen Abbruch, und dass alle Bundesbrüder am Ende der Zeremonie eine Art Seilschaft bildeten, um am selben Strang zu ziehen (bzw. diesen zu schütteln), könnte als symbolischer Akt vielleicht auch in Zukunft beibehalten werden. |
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Text: DDr.cer. Raffael |
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