Volkswirtschaft in der Krise

Die Volkswirtschaftslehre ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, eine sehr komplexe Wissenschaft. Die Corona-Krise hat leider dazu beigetragen dieses Thema der Allgemeinheit in der gelebten Praxis zu verdeutlichen.
Nur ungern erinnere ich mich an meine VWL-Prüfung im ersten Studienabschnitt, die ich nur mit Ach und Krach bestanden habe, weil mir die theoretischen Formeln wie BIP = C + I + G + X nur wenig gesagt haben. Erst viel später habe ich mich wieder ein wenig mit diesem Thema auseinandergesetzt und die Zusammenhänge anhand von Praxisbeispielen besser kennengelernt. Auf das jüngste Beispiel hätte ich aber gerne verzichtet. Wie uns der sogenannte Shutdown infolge von COVID-19 veranschaulicht hat, bewirkte die Schließung der Geschäfte– abgesehen von vorübergehenden Hamsterkäufen von WC-Papier und Nudeln oder Germ – einen enormen Einbruch des Konsums (C). Da es sich um eine weltweite Pandemie handelt ist der Konsum auch in anderen Ländern zum Erliegen gekommen, wodurch die Nettoexporte (X) stark zurückgegangen sind. Die bekannten Folgen für die Unternehmen sind nicht nur der Abbau von Arbeitnehmern, die in Kurzarbeit geschickt oder gar gekündigt wurden, sondern auch der weitgehende Wegfall der Inlandsinvestitionen (I), für die den Unternehmen mangels Umsatz und Gewinnen das notwendige Kapital fehlt. Diese drei negativen Komponenten kann die Regierung durch Steigerung der Staatsausgaben für Güter und Dienstleistungen (G), z.B. durch Ankauf von MSN-Masken oder Förderungen zur Erforschung eines Impfstoffs, nur zu einem sehr geringen Teil ausgleichen. Die Folge ist wie bekannt ein drastischer Einbruch des Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Nachdem nun eine gewisse Stabilisierung der Gesundheitslage eingetreten ist und langsam die Aussicht auf teilweise Rückkehr zur Normalität im Alltags- und Berufsleben besteht, gilt es die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, um die Arbeitslosigkeit zu vermindern und die Einkommenssituation der Bevölkerung wieder zu verbessern, wodurch der Konsum angekurbelt wird und damit auch das BIP wieder steigt. Im 'Couleur' (Ausgabe 1/2020) wurde ein interessanter Artikel von Univ.Prof. Martin Rhonheimer mit dem Titel 'Kapitalismus überwindet Armut und dient dem Gemeinwohl' veröffentlicht. Darin schreibt er sinngemäß, dass der heutige Massenwohlstand nicht der Sozialpolitik und den Gewerkschaften, sondern dem stetigen Anstieg der Reallöhne infolge der steigenden Arbeitsproduktivität aufgrund eines kapitalistischen Unternehmertums zu verdanken ist. Durch staatliche Interventionen wie extrem niedrige Zinsen werden die marktwirtschaftlichen Mechanismen allerdings behindert, was zu dem – zu Recht kritisierten – überproportionalen Vermögenszuwachs bei den Reichen führt.
Leider sind diese Erkenntnisse noch nicht in der Realpolitik der linken Oppositionsparteien und der sogenannten Arbeitnehmervertreter angekommen. Diese bleiben weiterhin den Lehren des von ihnen verherrlichten Karl Marx treu, der mit seinen Ansichten wesentlich zur Entstehung des Kommunismus beigetragen und dadurch indirekt weit mehr Todesopfer als Adolf Hitler zu verantworten hat. Wie sonst wäre es zu erklären, dass die SPÖ auch jetzt, in einer Phase in der viele Unternehmer um ihre Existenz kämpfen, Arbeitszeitverkürzungen und gleichzeitige Mindestlohnerhöhungen fordert? Auch der Wunsch der Gewerkschaft nach einem (möglichst steuerfreien) Bonus für die 'Helden in der Krise' – also jene Menschen die ihren Job NICHT verloren haben und auch KEINE Einkommenseinbußen infolge der Kurzarbeit hinnehmen mussten – ist für mich aus wirtschaftlicher Sicht unverständlich, weil das Geld an allen Ecken und Enden fehlt und der Staat ohnedies Unsummen für materiell notleidenden Menschen und Unternehmen aufwenden muss. Außerdem wäre es ein Schlag ins Gesicht der unzähligen ehrenamtlichen Helfer, von denen vermutlich etliche nur deshalb Zeit für die Mitarbeit hatten, weil sie selbst ihren Job verloren haben und die für ihre Hilfe keinerlei materielle Entschädigung erhalten.
Unter den Helfern befanden sich dem Vernehmen nach auch zahlreiche Schüler und Studenten, welche die unterrichts- (und veranstaltungs-) freie Zeit sinnvoll nutzen wollten. Für diese beginnt jetzt wieder gestaffelt der Alltag, wenn man davon absieht, dass vielleicht einige Professorinnen und Professoren fehlen, die die Möglichkeit haben sich selbst schon mit 60+ den 'coronabedingten Vorruhestand' zu verordnen, während andere Gleichaltrige dieses Privileg nicht besitzen, sofern sie nicht ohnedies schon in Pension sind. In der Freizeit bleiben den jungen Menschen aber die meisten Vergnügungen – leider auch Verbindungsveranstaltungen – bis auf weiteres verwehrt. Die (volks-) wirtschaftlichen Folgen für die Freizeitindustrie werden sich wohl erst später zeigen.

Text: DDr.cer. Raffael

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zuletzt geändert: 12.05.2020 um 14.06 Uhr