Nummer 9/2022
Oktoberfeste

Das Münchner Oktoberfest findet ja bekanntlich überwiegend in der zweiten Septemberhälfte statt und auch die Wiener Wiesn beginnt schon im September. Dessen ungeachtet ist auch der Oktober die Zeit von so manchen 'Festwochen'.

In couleustudentischen Kreisen war der Anfang des Wintersemesters schon immer bei vielen Verbindungen ein beliebter Zeitpunkt für Stiftungsfeste. Eine derartige Dichte von besonderen Jubiläen wie heuer ist mir aber noch selten aufgefallen.

Den Anfang machte unsere Mutterverbindung e.v. K.Ö.L. Maximiliana. Diese beging ihr 100. Stiftungsfest tatsächlich mit einer Festwoche, welche mit der XII. Österreichischen Akademie am 1. Oktober begann und mit dem Stiftungsfestmesse in der Karlskirche und dem Kommers im Museums-Quartier am 8. Oktober ihren Höhepunkt fand. Für Carolina und Tegetthoff war von Anfang an klar, dass sie als reine Altherren-Verbindungen keine Chargierten bei diesem Fest stellen können, dafür aber zumindest die Philisterchargen, soweit möglich, beim Kommers teilnehmen werden. Doch es kam anders als erwartet. Der Philistersenior Tegetthoffs weilte aus beruflichen Gründen in Graz, sein Consenior, der gleichzeitig auch Philistersenior Carolinae ist, war nach einer Operation noch rekonvaleszent und dessen Consenior bei Carolina musste wegen einer akuten Corona-Erkrankung ebenfalls absagen. Daher haben der Autor dieser Zeilen, als einzige teilnehmende Charge, und Bb Corvinus, als einziger weiterer teilnehmender Nicht-Maxe aus unseren Reihen, vereinbart unterschiedliche Farben zu tragen, damit von unseren beiden Verbindungen wenigsten je ein Mitglied in Couleur anwesend ist und beide Korporationen begrüßt werden. Dafür wurden wir mit einer glanzvollen Veranstaltung belohnt.


Die Decke des Kommers-Saals in den ehemaligen Hofstallungen war durchgehend mit Stoffbahnen in den Farben Maximilianae geschmückt und hinter dem Präsidium prangte ein riesiges Bild der Fahne. Die Größe des Veranstaltungsortes war perfekt gewählt, der Festsaal war mit geschätzt knapp 200 Personen fast bis auf den letzten Platz gefüllt und rund ein Viertel davon – also mehr als wir jeweils selbst Mitglieder haben – waren Maxen. Das aufgelegte Programmheft ließ schon zu Beginn erahnen, dass mit 14 Liedern und sieben Zeremonien ein sehr langer Abend bevorsteht. Er begann mit dem großen Festgaudeamus, bei dem die Zusatztexte von einem Solisten vorgetragen wurden und die Corona die üblichen Strophen mitsang. Nach einer Stunde war gerade erst die Begrüßung vorüber in deren Rahmen die Vorsitzenden der KÖL, des ÖCV und des MKV, die alle drei selbst auch Landsmannschafter sind, die Grußworte des jeweiligen Verbandes überbrachten. Danach folgten eine Bundesehrenschild-Verleihung, eine Reception, eine Burschung, eine Philistrierung und eine Ehrenband-Verleihung an einen Kartellbruder, der als Universitätsprofessor für Musik auch für die perfekte instrumentale Begleitung sämtlicher Canti bei diesem Kommers sorgte. Anschließend hielt unser Oberster Bandinhaber, SKH Karl von Habsburg vlg. Pan, eine bemerkenswerte Festrede, in der er unter anderem auf die Bedeutung der europäischen Werte – gerade in einer Zeit, in welcher diese von einem russischen Aggressor in Frage gestellt werden – hinwies. Obwohl sich das Präsidium nach der Begrüßung sehr um einen straffen Ablauf bemühte, gelang es nur mit Müh und Not den Kommers nach fast vier Stunden um Mitternacht mit dem Letzen Allgemeinen und der Volkshymne würdig zu beenden. Unsere Mutterverbindung hat mit dieser eindrucksvollen Veranstaltung bewiesen, dass auch eine Verbindung, die vor 10 Jahren nur einen einzigen Aktiven hatte, wieder erstarken kann, und dass Landsmannschaften auch im 21. Jahrhundert noch eine Berechtigung haben, wenn deren Mitglieder interessiert und engagiert sind.

Eine Woche später, am 15. Oktober, feierte e.v. K.Ö.St.V. Borussia im MKV ebenfalls ihr 100. Stiftungsfest mit einem Kommers im Parkhotel Schönbrunn. Gleichzeitig wurde im Calasanzsaal der Pfarre Maria Treu in der Piaristengasse der Festkommers anlässlich 30 Jahre VCS geschlagen. In der darauffolgenden Woche veranstaltete – wie erst relativ kurzfristig bekanntgegeben wurde – der NÖMKV gemeinsam mit dem NÖ-ÖCV in St. Pölten einen Festkommers zu 100-Jahr-Feier von Niederösterreich, an welchen dem Vernehmen nach ca. 700 (!) Kartellgeschwister teilnahmen.

Leider fiel der NÖ-Kommers auf denselben Tag wie das schon einige Wochen zuvor für den 22. Oktober 2022 festgelegte gemeinsame Stiftungsfest der K.Ö.L. Carolina und der K.Ö.M.L. Tegetthoff. Im Unterschied zu den zuvor genannten Veranstaltungen konnten wir aber mit keinem runden Jubiläum aufwarten, da Tegetthoff 'erst' 97 Jahre und Carolina gar 'nur' 86 Jahre alt wurde. Umso größer war die Überraschung und Freude, dass unsere Festkneipe für unsere Verhältnisse trotz der übermächtigen Konkurrenzveranstaltung, an der auch ein paar Bundesbrüder und sicher so mancher potentielle Gast teilnahmen, außerordentlich gut besucht war. Immerhin waren mehr als ein Drittel aller Tegetthoffer und noch einmal so viele Kartellgeschwister und Damen anwesend, welche seitens Carolina leider nur durch eine mehr als bescheidene Zahl von Bundesbrüdern verstärkt wurden. Die vorzügliche kulinarische Versorgung und die Betreuung der Kombüse wurden dankenswerterweise von unserer Freundschafts- und Nachbarverbindung Elisabethina übernommen. Da der hohe Phil-x Tegetthoffs durch eine hartneckige Coronaerkrankung leider an der Teilnahme verhindert war, wurde die Kneipe in hervorragender Weise von seinem zweiten Consenior Ivo geschlagen, dem der Phil-xx Carolinae, Dr.cer. Archimedes, der mittlerweile erfreulicherweise wieder genesen war, zur Seite stand.


Der Höhepunkt des Stiftungsfestes waren sechs Jubelbandverleihungen. Zuerst wurden von Phil-xxx Hagen die von Lucullus aufgrund seiner Verhinderung vorbereiteten Worte zum Stiftungsfest verlesen und die ersten drei Kandidaten gewürdigt. AH Dicyan erhielt das 50-Semester-Band, die AHAH Amadeus und Ptolemäus wurden mit 75-Semester-Bändern geehrt. Danach hielt der Schreiber dieses Beitrags eine Laudatio zu Ehren der drei Mitglieder seiner Bierfamilie, die mit dem 100-Semester-Band ausgezeichnet wurden. AH Alexej und Ph-xx1 Newton kamen 1972 von e.v. Dürnstein zu Tegetthoff, AH Kipferl wurde zur gleichen Zeit vom damaligen Verbindungsseelsorger Dr.cer. Bimbo gekeilt. Ich rief in Erinnerung, dass die Reaktivierung von Tegetthoffs Aktivitas im Jahr 1973 erst Dank acht junger Bundesbrüder möglich war, von denen sechs der Bierfamilie Alexej angehörten und ein siebenter vom damaligen Fuchsen Kipferl gekeilt wurde. Unsere Bierfamilie stellt auch in der Gegenwart mit Newton und mir die Hälfte aller Chargen von Tegetthoff und Carolina und hat daher einen wesentlich Anteil am Bestand beider Korporationen.

Bleibt zu hoffen, dass sich bald wieder eine Gruppe junger, aber teils couleurerfahrener Schüler bzw. Studenten findet, welche meine beiden Korporationen in den nächsten 100 Semestern fortführt.

Text und Bilder: DDr.cer. Raffael
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 04.11.2022 um 20.49 Uhr