Nummer 8/2022
Blitzlichter

Da das Durchschnittsalter unserer Mitglieder (leider) in etwa dem üblichen Pensionsantrittsalter entspricht, beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe neben einigen kurzen Anmerkungen zu multikulturellen bzw. aktuellen Themen vorwiegend mit unserem Pensionssystem.

Türken-Michl (2)
Nach der Audienz beim Türkischen Präsidenten hat der Wiener Bürger*innenmeister seine diplomatischen Beziehungen weiter ausgebaut und besuchte im Rahmen einer Döner-Tour mehrere einschlägige Lokale in Wien-Favoriten, wobei er sich auch gleich als Kebab-Verkäufer versuchte. Seine neuen Freunde bedankten sich dafür mit einem 2:0-Sieg von Fenerbahce Istanbul gegen die Austria beim ersten Spiel in Wien.*) Das dürfte aber einigen Fans der Violetten, in deren Kuratorium rote Größen wie z.B. sein Amtsvorgänger und der Wiener Finanzstadtrat sitzen, weniger gefallen haben, weshalb es zu einem gewalttätigen Nachspiel am Reumannplatz kam, bei dem die Wiener den Türken einige Veilchen als Souvenir verpassten, aber vermutlich auch selbst einiges einstecken mussten. Eigentlich sollte Fußballspielen im Sinne der Prävention von gefährlichen Situationen und Verletzungen behördlich verboten werden!
*) P.S.: Beim Rückspiel in Istanbul fiel die Niederlage der Austrianer mit 1:4 noch deutlicher aus …

Wiener Strom-Kurzschluss
Die aktuelle Preisentwicklung beim Strom, welche vorwiegend eine Folge des kriegsbedingten Engpasses bei der Gasversorgung ist, führt dazu, dass manche Haushalte im kommenden Winter trotz des angekündigten Energiezuschusses (bei dem nebenbei bemerkt wieder einmal Bewohner mancher Bundesländer bevorzugt und andere benachteiligt werden, da ja Diskriminierung im Inland aufgrund des Föderalismus erlaubt ist, was in der EU aufgrund der Gleichbehandlung gegenüber Ausländern verboten ist) beim Energieverbrauch sparen werden müssen. Bei den Energieversorgern sieht die Situation ganz anders aus. Während die meisten Konzerne hohe Gewinne machen, weil sich die Strompreisuntergrenze aufgrund einer EU-Regelung an den teuren Gaskraftwerken orientiert, ist Wien wieder einmal anders. Durch Spekulationsgeschäfte an den Energie-Warenbörsen droht ein wirtschaftlicher 'Kurzschluss' mit einem Verlust von 2 Milliarden Euro, wenn sich die Preisrelationen ungünstig entwickeln. Daher hat sich die Wien-Energie an den Bund gewandt, damit die Steuerzahler die Garantie für diese Summe übernehmen sollen, welche von der Wiener Stadtregierung bislang verheimlicht wurde. Das wäre eigentlich ein Fall für Rücktritte aufgrund der politischen Verantwortung bis hinauf zur höchsten Ebene. Der Herr Bürger*innenmeister setzte sich jedoch in seiner Allmacht über seinen Koalitionspartner und sämtliche Gremien hinweg und gewährte (trotz des Wiener Schuldenbergs) eigenmächtig die benötigten Hilfsgelder bzw. Garantien und hat es damit scheinbar wieder einmal geschafft, sich selbst und seine Partei, trotz des Beweises mangelnder Wirtschaftskompetenz, der politischen und wirtschaftlichen Verantwortung zu entziehen.

Kulturelle Aneignung
Die Pflanze der Achtsamkeit und Wertschätzung treibt mitunter seltsame Blüten. Während Anti-Rassismus-Organisationen nicht müde werden sich gegen historische Straßennamen und Denkmäler für Antisemiten (wie jenes des christlich-sozialen Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, für dessen Errichtung laut 'profil' seinerzeit auch die israelitische Kultusgemeinde gespendet hat!) aufzulehnen, werden andererseits 'weiße' Menschen (Anm.: Ist diese Bezeichnung nicht auch abwertend und rassistisch?), die sich mit der Mode oder der Musik weniger privilegierter Gruppen identifizieren, weil sie z.B. Reggae spielen oder Dreadlocks tragen, der kulturellen Aneignung bezichtigt. Aus diesem Grund wurde kürzlich ein österreichischer Musiker von Schweizer Veranstaltern ausgeladen, da diese 'das Unwohlsein von Mitmenschen' befürchteten. Wegen ähnlicher Bedenken hat ein Verlag die Kinderbücher zu einem neuen Winnetou-Film vom Markt genommen, weil dadurch angeblich die historischen Verbrechen an den amerikanischen Ureinwohnern verherrlicht würden. In Mexiko wurde sogar eine Modekette – die origineller Weise genauso heißt, wie eine österreichische Organisation für Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit – beschuldigt mit ihren Kreationen den Stil indigener Völker zu rauben. Demzufolge müsste man auch in unserer multikulturellen Zeit verbieten, dass Farbige beim Oktoberfest Dirndl bzw. Lederhosen tragen, in sogenannten 'rhythmischen Messen' Gospelmelodien mit deutschen Texten gesungen werden oder dass 'echte Wiener' Döner-Kebab essen, geschweige denn verteilen!

Altersdiskriminierung und Generationen-Betrug
Aufgrund der aktuell stark steigenden Inflation fordern die Pensionistenvertreter eine Anpassung der Pensionen über dem gesetzlichen Anpassungswert von 5,8 Prozent. Das ist aus meiner Sicht durchaus verständlich, weil der gesetzliche Wert auf der durchschnittlichen Inflation der letzten zwölf Monate beruht und damit weit unter der aktuellen Inflation (derzeit 9,3% - Stand Juli 2022) liegt. Auch die Gewerkschafter gehen bei ihren Gehaltsverhandlungen von der tatsächlichen Kostensteigerung und nicht von irgendeinem einem Durchschnittswert aus. Dessen ungeachtet mahnte die Jugendstaatssekretärin 'im Namen der Enkerl und Urenkerl' bei den Pensionen zu sparen und nicht jedes Jahr mehr dafür auszugeben. Tatsächlich wurden in den letzten fünf Jahren aber immer nur die Kleinst-Pensionen um mehr als den gesetzlichen Faktor erhöht, während den Beziehern mittlerer oder gar höherer Pensionen die Inflation nicht vollständig abgegolten wurde. In einem Kurier-Interview relativierte die türkise Jugendvertreterin ihre Aussage dahingehend, dass Pensionen von mehr als € 5.000,- nicht über den gesetzlichen Wert hinaus angepasst werden sollten und bewies damit, dass sie von der Realität der österreichischen Pensionslandschaft offenbar keine Ahnung hat. Die aktuelle ASVG-Höchstpension beträgt etwa € 3.600,- pro Monat und nur Ruhegenüsse von höheren Beamten oder Mehrfachpension von privilegierten Beziehern, wie z.B. Politikern, können diesen Betrag übersteigen. Mehr als den oben genannten Betrag von € 5.000,- erhalten laut Statistik lediglich rund 40.000 (bzw. etwa 1,5%) der insgesamt etwa 2,7 Millionen Pensionisten. In obigen Zahlen nicht berücksichtigt sind Firmen- und Privatpensionen sowie Bezüge aus Pensionskassen, wovon vor allem letztere in vielen Fällen aber von Jahr zu Jahr sogar absolut niedriger werden, da die Pensionskassen aufgrund der Zinsentwicklung der letzten Jahre und der aktuellen Krisen ihre optimistischen Versprechungen bei weitem nicht halten können.

Die großen Draufzahler beim Generationenvertrag der öffentlichen Pensionsvorsorge sind die Angehörigen der Generation 'Babyboomer', also vor allem die in den 1950er- und (frühen) 1960er-Jahren geborenen. Während diese während ihrer aktiven Erwerbsphase ihrerseits fleißig für die älteren Mitbürger in das Sozialsystem eingezahlt haben, profitierten die früher Geborenen vom wirtschaftlichen Aufschwung in den ersten Nachkriegsjahrzehnten. Die wöchentlichen Arbeitszeiten wurden verkürzt und das Pensionsalter zuerst für die Angestellten und später auch für Arbeiter auf 60 Jahre für Männer und 55 Jahre für Frauen gesenkt. Die Pensionen wurden von den jeweiligen Letztbezügen berechnet und insbesondere Beamte wurden kurz vor dem Ruhestand nochmals rasch in eine höhere Besoldungsklasse befördert, um auf Kosten der Allgemeinheit einen höheren Ruhegenuss zu erhalten, wovon sicher noch heute nicht wenige Hofratswitwen profitieren. Erst später erkannte man, dass dieses System wegen der Abnahme der jüngeren Bevölkerung auf Dauer nicht finanzierbar sein wird und noch später wurden die ersten Pensionsreformen beschlossen, wobei die Verantwortlichen jeweils darauf achteten, dass ihre eigene Generation nicht selbst zu den Benachteiligten gehört. So wurde z.B. das unterschiedliche Pensionsantrittsalter für Männer und Frauen zwar als ungerechtfertigt abgeschafft, zugleich aber mittels Verfassungsgesetz eine sehr lange Übergangsfrist verankert, um das Privileg – das heute jedoch von manchen Frauenrechtlerinnen als Pensionsfalle betrachtet wird – noch eine Zeitlang abzusichern. Im Unterschied zu den Babyboomern war bzw. ist die Problematik der Pensionsfinanzierung für jüngere Generationen schon zu Beginn ihrer Berufslaufbahn bekannt. Dessen ungeachtet legen die Millennials dennoch mehr Wert auf eine Work-Life-Balance, als auf Karriere und auch immer mehr männliche Arbeitnehmer (derzeit etwa schon jeder 8.) erstreben – trotz der zu erwartenden Pensionsnachteile, vor denen Frauen bekanntlich seit Jahren gewarnt werden – eine Teilzeitbeschäftigung, um mehr Zeit für ihre Familie und Hobbies zu haben. Zusätzlich wird die Situation dadurch verschärft, dass wir in Österreich zwar nicht wie prognostiziert einen Rückgang, sondern sogar ein Bevölkerungswachstum auf rund neun Millionen Einwohner haben, aber die Zahl der jungen Erwerbstätigen trotzdem sinkt, weil viele Zuwanderer (aber auch manche schon länger Ansässige) nicht arbeiten dürfen, können oder wollen, da sie vom Staat ohnedies großzügig unterstützt werden.

Es ist prinzipiell zu begrüßen, dass die Allgemeinheit dazu beiträgt, dass sich auch Bezieher von niedrigen Einkommen bzw. Pensionen den Lebensunterhalt weiterhin leisten können, was z.B. durch die Ausgleichszulagen und das Antiteuerungspaket ohnedies geschieht. Aber es ist eine Diskriminierung, wenn man jenen Menschen, die ihr Berufsleben lang durch ein (über)durchschnittliches Einkommen den Löwenanteil an der Finanzierung des Staatshaushalts getragen haben und die auch mit ihren Pensionen weiterhin dazu beitragen, im Alter mit realen Pensionskürzungen bestraft und ein Betrug, wenn jede Form der Eigenvorsorge zusätzlich noch über die Einkommensteuern hinaus mit neuen Gebühren und Steuern belastet wird.
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 27.10.2022 um 21.44 Uhr