Nummer 3/2022
Demokra-tur?

Gerade in der heutigen Zeit stellt sich mehr denn je die Frage, wie groß der Schritt von einer Demokratie zu einer Diktatur wirklich ist.

Im letzten Blech-Boten habe ich noch darüber gescherzt, dass Österreich laut manchen Naturschutz- und Menschenrechts-Aktivistinnen eine Bananenrepublik sei, obwohl unser Land nach einem aktuellen Rechtsstaatlichkeits-Index auf dem hervorragenden 9. Platz lag. Laut dem unlängst vom englischen 'Economist' veröffentlichten Demokratie-Index ist Österreich allerdings auf den (immer noch relativ guten) 20. Platz zurückgefallen. Das wundert mich nur wenig. Das Problem der Demokratie ist, dass bei einem Mehrheits-Wahlrecht die Masse der unterdurchschnittlich intelligenten Bürger entscheidet – was zur Folge hat, dass Wahlen mit populistischen, kurzfristigen Wahlversprechungen gewonnen werden und hehre, langfristige Zukunftspläne keine Chance haben. George Bernhard Shaw sagte: 'Demokratie ist ein Mechanismus, der sicherstellt, dass wir genau so regiert werden, wie wir es verdienen.' Es gibt aber verschiedene Gruppierungen in der Bevölkerung, die demokratische Entscheidungen nur dann anerkennen, wenn sie nach ihrem eigenen Geschmack ausgefallen sind. Andernfalls werden von diesen Minderheiten die Bürgerrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit in anarchistischer Manier missbräuchlich über Gebühr ausgenutzt, um demokratisch gewählte Regierungen zu erpressen und zu destabilisieren. So nimmt die 'Diktatur des Proletariats' in einer Art und Weise zu, wie es sich wahrscheinlich nicht einmal Marx und Engels zu Erträumen gewagt haben.

Der Mob von der Straße hat schon oft bestehende Regierungssysteme zu Fall gebracht oder zumindest erschüttert und damit den Grundstein für nachfolgende Revolutionen gelegt. Doch was kommt danach? Auf die Französische Revolution Ende des 18. Jahrhunderts, deren Ziel die Abschaffung der absolutistischen Monarchie war, folgte die erste französische Republik, welche jedoch nur wenige Jahre Bestand hatte. Bald danach wurde der erfolgreiche korsische Feldherr Napoleon zum französischen Kaiser gekrönt. Er führte in seinem Land ein diktatorisches Regime und versuchte seine Herrschaft auf den Großteil Europas bis hin nach Russland auszudehnen. In Deutschland und in den österreichischen Kronländern wurden die Revolutionen des Jahres 1848 zwar blutig niedergeschlagen und hatten keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Fortbestand der Monarchie, wohl aber eine Befreiung der vom Grundherrn abhängigen Bauern und teilweise auch eine Stärkung der Bürgerrechte zur Folge. In Deutschland entstand die Idee eines deutschen Nationalstaates mit der schwarz-rot-goldenen Flagge als Symbol. Diese nationalistischen Strömungen, welche sich im 19. Jahrhundert in ganz Europa ausbreiteten, waren der Nährboden für die separatistischen Bewegungen in der Monarchie und die großen Kriege im 20. Jahrhundert.

Blickt man in den Geschichtsbüchern weiter zurück findet man, dass es z.B. in Griechenland und im alten Rom schon in der Antike demokratische Regierungssysteme gab, die allerdings nicht von Dauer waren. Erst nachdem Julius Caesar die römische Republik beendete und sich zum Diktator auf Lebenszeit ernennen ließ und seine Nachfolger den Namen 'Caesar' als Titel übernahmen, erreichte das römische Kaiserreich seine größte Ausdehnung von Britannien bis rund um das Mittelmeer. Nach dem Untergang dieses Reiches wurden Europa und der Rest der Welt weiterhin Jahrhunderte lang von Kaisern, Königen oder anderen Monarchen regiert. Bei diesen Staatsformen sind, nach den Lehren des Aristoteles einer bzw. mehrere Herrschende zum Nutzen aller tätig. Im Unterschied dazu dienen nach seiner Theorie die Tyrannei bzw. die Oligarchie nur den Regierenden. Dies haben sie laut Aristoteles auch mit der Demokratie gemeinsam, in der zwar alle (also auch das einfache Volk) herrschen, aber dennoch nicht allen dienen, sondern nur auf das eigene Wohl (der ärmeren Massen) bedacht sind.

Ein Zitat des bedeutenden britischen Staatsmanns und Nobelpreisträgers Sir Winston Churchill besagt: 'Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.' Und probiert wird offenbar sehr viel. Einer aktuellen Studie zufolge ist die Anzahl der (halbwegs) demokratisch regierten Länder rückläufig. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung (der Großteil Asiens, Afrikas und Teile von Mittel- und Südamerika) werden mehr oder weniger autoritär reagiert, auch wenn sie sich 'Republiken' oder gar 'demokratisch' (wie seinerzeit die DDR) nennen. Die Volksrepublik China, die in den letzten Jahren nicht nur durch ihren wirtschaftlichen Aufschwung und die enorme Umweltverschmutzung, sondern auch als Ursprungsland der Corona-Epidemie und als umstrittener Austragungsort der olympischen Winterspiele Aufmerksamkeit erregt hat, steht laut Wikipedia 'gemäß ihrer sozialistischen Verfassung unter der demokratischen Diktatur des Volkes, wird jedoch … von der Kommunistischen Partei Chinas autoritär bis totalitär regiert'. Und Russland ist – gemäß derselben Quelle – 'de jure eine semipräsidentielle Republik' aber 'de facto eine defekte Demokratie mit autokratischen bis despotischen Zügen', wie gerade zuletzt auf erschreckende Weise in Ukraine demonstriert wird.

Eines der – abgesehen von der Antike – ältesten parlamentarischen Systeme in Europa gibt es in Island. Das 'Althing' existiert seit 930 n. Chr. und ist damit die älteste, heute noch bestehende Volksvertretung eines unabhängigen Staates. (Wikipedia). Die ältesten noch vorhandenen Demokratien entstanden jedoch erst viel später. Als erster moderner demokratischer Staat gelten die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihrer Verfassung aus dem Jahr 1787. Die älteste existierende Demokratie in Europa ist die Schweiz, welche seit 1848 (also noch nicht einmal 175 Jahre) als Bundesstaat in der heutigen Form besteht. Alle anderen demokratischen Regierungen sind noch wesentlich jünger. In Österreich ist die Demokratie erst knapp über 100 Jahre alt, während die Monarchie mehr als 900 Jahre andauerte. Dennoch wird die Demokratie in der westlichen Welt als das 'non plus ultra' angesehen. Dabei ist die Schwachstelle in allen Regierungsformen dieselbe: Der Mensch! Genauso wie ein guter König zum Tyrannen wird, wenn er seine eigenen Interessen über jene seines Volkes stellt, kann auch eine ursprüngliche demokratische Gesellschaft durch ihre gewählten Vertreter, die sich im Lauf der Zeit zu Alleinherrschern entwickeln, in eine Diktatur umgewandelt werden, wie die Beispiele des alten Roms, Frankreichs und Russlands zeigen.

Bleibt nur zu hoffen, dass sich die österreichischen Volksvertreter irgendwann doch noch rechtzeitig darauf besinnen, dass es die Aufgabe aller Politiker und insbesondere – wie schon der Name sagt – der 'Minister' ist, dem Volk zu dienen und dass sie dann gemeinsam in der Lage sind wieder für innere Ordnung zu sorgen und Angriffe von außen zu verhindern.
Text: DDr.cer. Raffael
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zuletzt geändert: 04.03.2022 um 13.14 Uhr