Nummer 08/2020
Raffael – der Göttliche!

Madonna im Grünen, 1507, KHM

Unter dem Titel 'Raffael - ein sterblicher Gott' erinnerte der ORF mit einem Portrait am 6. April 2020 – dem 500. Todestag – an das weltberühmte Mal-Genie. Meine eigenen Ausführungen zu meinem Namenspatron fielen wesentlich profaner aus. Nachstehend ein kurzer Rückblick auf 'Raffaels Weibsbilder' für alle die diesen Bierschwefel versäumt haben.
Da der ursprüngliche Termin im Frühjahr leider wie so viele andere dem Virus zum Opfer fiel, starteten wir am 10. September, erstmals an einem Donnerstag, in das Wintersemester. Gestärkt von 'cucina italiana' – wie bereits von Dr.cer. Archimedes in seinem Artikel über die Corona-Achterbahn erwähnt – lauschten zahlreiche Besucher meinen Ausführungen über Raffael, die ich als 'Bierschwefel' tituliert habe, da ich kein Kunsthistoriker bin und eine sehr individuelle Zusammenstellung seiner Werke arrangiert habe.
Zuerst gab es einen kurzen Überblick über die Lebensgeschichte, der mit Fotos der einzelnen Stationen veranschaulicht wurde. Raffaelo Santi, so der volle Name, wurde im Jahr 1483 (vermutlich am 6. April) in Urbino geboren. Seine Mutter starb als er acht Jahre alt war und sein Vater, der selbst auch ein Maler war und bei dem Raffael vermutlich die technischen Grundkenntnisse erlernte, starb wenige Monate nach seinem 11. Geburtstag. Danach dürfte er einige Jahre bei einer Tante und als Lehrling in der väterlichen Malwerkstatt aufgewachsen sein, bevor er um etwa 1500 nach Perugia ging, um seine Malkunst bei Pietro Vanucci, genannt Perugino, zu vervollkommnen. Aber schon 1503 zog er weiter nach Florenz, wo seine Malerei unter anderem vom Stil des wesentlich älteren Leonardo da Vinci sowie von Fra Bartolomäo beeinflusst wurde. Im Jahr 1508, also mit nur 25 Jahren, war seine Begabung bereits so bekannt, dass Raffael vom Papst nach Rom geholt wurde, um die päpstlichen Gemächer mit Fresken auszuschmücken. Doch in Rom war Raffael nicht nur als Maler tätig. In der Renaissance erkannte man den Wert der historischen Bauten, die während des Mittelalters dem Verfall preisgegeben waren, und Raffael wurde auch damit beauftragt als 'Konservator der römischen Altertümer' diese Objekte zu katalogisieren, um deren weitere Zerstörung verhindern zu können. Weiters wurde Raffael im Jahr 1514 – nach dem Tod von Donato Bramante, der als Baumeister mit der Errichtung des Petersdoms begonnen hatte – auch noch als dessen Nachfolger zum Baumeister bestellt. Raffael verstarb am 6. April 1520 in Rom und wurde im Pantheon beigesetzt. Sieben weitere Baumeister – darunter auch Michelangelo Buonarotti, der einige Jahre älter als Raffael war und schon vor diesem in Rom mit der Ausgestaltung der Sixtinischen Kapelle begonnen hatte – waren nötig, um die Basilika nach insgesamt 120 Jahren Bauzeit zu vollenden.
Nach diesem Überblick über das Leben Raffaels folgte eine Auswahl an Werken, die ich in vier Kategorien eingeteilt hatte. Zuerst zeigte ich einige Portraits, dem Titel des Vortrags entsprechend nur Damen, darunter auch das einer schönen Bäckerstochter, welche die Geliebte Raffaels war. Danach folgten – dem Zeitgeschmack der Renaissance entsprechend – einige antike Szenen, da diese den Auftraggebern, darunter auch Päpste, Gelegenheit gaben, sich mitunter an der Abbildung leicht- oder unbekleideter Weiblichkeit zu erfreuen. In diese Gruppe gehören auch das kleinste Gemälde (Die drei Grazien, 17 x 17 cm) sowie das größte Fresko (Die Schule von Athen, mit einer Breite von über 7 m). Eine weitere wichtige Kategorie waren religiöse Bilder, da abgesehen von den Portraits für Adelige oder wohlhabende Bürger natürlich die Kirche der Hauptauftraggeber für Maler und ihre Werkstätten war. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass viele der großformatigen und insbesondere der späten Bilder zwar von Raffael entworfen und begonnen, aber von seinen Schülern, wie u.a. Gulio Romano oder Giovanni Penni, fertiggestellt wurden. Den Abschluss bildete eine Untergruppe der religiösen Darstellungen, der ich infolge ihrer Bedeutung eine eigene Kategorie widmete: Die Madonnen-Bilder. Die alte, deutsche Form des Ave Maria '… du bist gebenedeit unter den Weibern…' hat mich zu dem auf den ersten Blick despektierlich erscheinenden Titel 'Weibsbilder' inspiriert. Das charakteristische an diesen Gemälden, die vorwiegend in der Frühzeit des Schaffens in Perugia und vor allem in Florenz entstanden sind, ist, dass Raffael die Madonnen, die fast immer mit demütig gesenktem Blick auf das Jesukind schauen, sowie die umgebenden Personen nicht so statisch wie viele seiner Vorgänger, sondern in vielfältigen natürlichen Posen und eingebettet in perspektivisch richtig dargestellte Landschaften statt vor einfarbigen Hintergrund darstellt. Diese zur damaligen Zeit nahezu einzigartige Kunstfertigkeit war vermutlich der ausschlaggebende Grund, warum Raffael von seinen Biographen als „der Göttliche“ bezeichnet wurde und für folgende Generationen lange Zeit als Vorbild galt. Die berühmteste seiner Madonnen ist wahrscheinlich die erst 1513 entstandene Sixtinische Madonna, welche über Wolken schreitet und zu deren Füßen zwei kleine Engel am Bilderrahmen lümmeln.

Text und Bild: DDr.cer. Raffael

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zuletzt geändert: 03.10.2020 um 22.20 Uhr